A Prehistoric Message
„Was würden Sie zeichnen, wenn Sie eine Nachricht für die nächsten Generationen hinterlassen wollten und keine Schrift verwenden dürfen?“, der Guide schaut uns fragend an. Wir sind etwa 10 Touristen, die in den Seminole Canyon hinabgestiegen sind, um die prähistorischen Zeichnungen in den Felsüberhängen zu bestaunen. Der Canyon selbst ist schon atemberaubend schön.
Also, was würde ich zeichnen? „Eine Frau…?“ witzelt ein Amerikaner. Alle lachen unsicher. Jetzt aber im Ernst. Was würde ich zeichnen? Hm.
„Dinge aus dem täglichen Leben ?!“, korrigiert der Guide. „Sicher. In diesem Überhang sind Jagdszenen, Tiere, vielleicht auch Frauen und Kinder zu sehen. Außerhalb steht eine seltsame Figur, sehen Sie? Manche Archeologen glauben, dass ein Schamane dargestellt ist. Eine wichtige Figur in dieser Gemeinschaft. Die Zeichnungen sind über 9000 Jahre alt. Zu der Zeit waren Sibirien und Nordamerika noch über Landwege verbunden. Schamanismus entstand vor 10 000 Jahren in Sibierien. In der nächsten Halle wird der Flug eines Schamanen in die Otherworld oder die spirituelle Welt dargestellt. Der Schamane zeichnete vermutlich, was er dort erlebt hat…“
Wir folgen ihm sprachlos. Was ist in Gottes Namen ist das? Ungeheuer? Maschinen? Mensch oder Tier? „Jede Menge Schutztiere, wie der Panther sind ihm zu Seite gestellt, doch wir können uns die Zeichnungen nicht wirklich erklären“, fährt der Guide fort …
Unsere Phantasie arbeitet auf Hochtouren. Ich schaue von meiner erhöhten Position in den Canyon. Wie erhaben liegt die Landschaft vor mir. Ein magischer Ort mit vielen Rätseln.
Seminole Canyon
Wir sind von der kargen Landschaft und dem Canyon so angetan, dass wir am nächsten Tag zu einen Wandertrail starten. Zwanzig Kilometer entlang der Abbruchkante bis zum Rio Grande. Über loses Karstgestein, stachelige Sträucher und Kakteen. An der gegenüberliegenden Canyonseite können wir einen weiteren zeremoniellen Ort erkennen: Die Panther Cave. Ebenfalls traumhaft schön gelegen. Der Rio Grande fließt gemächlich unter uns, umgeben von Steilküste auf texanischer und mexikanischer Seite. Hier kommt so leicht kein Flüchtling in die USA …
Vom Pecos River in den Rio Grande (Nachbarcanyon zum Seminole Canyon)
Die Steilhänge haben es gibt uns angetan. Vielleicht auch der Kitzel zwischen Mexiko und Texas zu paddeln. Es ist keineswegs verboten. Man sollte sich allerdings auf amerikanischer Seite bewegen. Leichter gesagt wie getan. Der Rio Grande durchfließt den Amistad Stausee. Infolgedessen bildet sich ein Rückstau des Wassers. Gut für uns,weil es so gut wie keine Strömung gibt. Wir können also auf demselben Weg zurück. Schlecht, weil das angeschwemmte Sediment nicht mehr abgetragen wird, Mitten im Fluss gibt es riesige Schlammfelder mit Seegras. Komischerweise nur auf amerikanischer Seite… wir landen zwangsläufig in Mexiko. Allerdings haben wir ganz andere Sorgen. Windböen bis 45 km/h machten das Vorwärtskommen fast unmöglich. Wir kommen erst bei Anbruch der Dunkelheit völlig erschöpft zur Bootsrampe zurück. Später erfahren wir von einem Border Controller, dass 2 Boote gesichtet und gesucht wurden…
A modern Message
Die Frage beschäftigt mich immer noch: Was würde ich zeichnen? Was ist so einzigartig an uns ? Worauf wir stolz sind. Eine Erinnerung für die Ewigkeit. Puh.
Es gäbe nur ein Motiv: Den Postbus mit den Kajaks auf dem Dach und den Fahrrädern. Und natürlich Johnny.