Das Big Bend Gebiet ist riesig. So groß, dass ein National Park und ein State Park darin Platz finden. Wenige Kilometer trennen die beiden Parks voneinander.
Big Bend National Park
Seit 35 Tagen läuft nun schon der Gouverment Shutdown. Und es ist keine Ende in Sicht. Längst sind alle nationalen Einrichtungen geschlossen und die Mitarbeiter in den unbezahlten Urlaub geschickt wurden. Der Big Bend National Park ist zwar geöffnet, die Campingmöglichkeiten sind aber geschlossen. Das ist inzwischen recht lästig für uns, d.h wir verlieren viel Zeit durch das Rein- und Rausfahren in einen National Park. Sowie der anschließenden Übernachtungssuche. Aber was soll’s.
Wir fahren durch eine archaische Berglandschaft: ausgetrocknete Flüsse, schroffe Felsen und Kakteen. Zu Urzeiten lebten Dinosaurier hier. Damals sah die Landschaft allerdings ganz anders aus: grüne Wälder und breite Ströme durchzogen das Gebiet. Ein kleines Museum informiert uns über die riesigen Knochenfunde im Big Bend Area. Der Klimawandel und die intensive Viehwirtschaft des letzten Jahrhunderts gaben der Landschaft den Rest. Wenn es heute regnet, fließt das Wasser viel zu schnell ab. Die Straßen sind kurzzeitig überflutete, ein paar Stunden später ist aber alles wieder trocken. An jeder Straßensenke ist ein Pegelmesser angebracht – sieht irritierend aus. Mitten in dieser Kakteenlandschaft…
Indian Head Mountain (außerhalb des Big Bend NP)
Terlingua ist eine ghost town (Geisterstadt). Eine Siedlung, die aufgegeben wurde. Ein paar Hippies leben hier in Tipi-Zelten und es gibt einen Saloon (!). Wir sind auf der Suche nach einem Campingplatz außerhalb des Big Bend NP. Ein verwaistes Schild dry Camping führt uns zu Sad. Er wohnt in einen Wohnwagen und baut oder repariert irgendetwas. Vielleicht -gibt- das ein Campingplatz … derzeit ist da nur Wüste. Er sieht aus wie ein moderner Cowboy: Mitte 50, Blue Jeans, kariertes Hemd, graue lange Haare unter einem Cowboy Hut. Und er will uns unbedingt helfen.
Ja, es gibt da einen tollen Ort, aber top secret (nicht weitersagen) … und, also, er wird unser Held sein, wenn wir den Platz sehen … natürlich gibt es da animals (wilde Tiere), wir müssen aufpassen… ja, Einheimische übernachten manchmal auch da, also nicht wundern, wenn (…), aber wir werden -so happy- sein! Ob wir Brennholz für ein Lagerfeuer wollen?
Das ist so in etwa alles, was ich verstehe. Und dann hinterlässt er uns eine Wegbeschreibung und seine Telefonnummer, falls wir uns in der Wüste verirren.
Der Indian Head ist ein Berg direkt neben dem Big Bend National Park. Er heißt so, weil es dort indianische Petroglyphen gibt. Ohne Sads Wegbeschreibung wären wir nie auf den Gedanken gekommen, diese Sandpiste bis zum Ende zu fahren …
Umringt von großen Felsen fühlen wir uns den Indianern vergangener Zeiten ganz nahe. Ein wunderbarer Platz.
Am nächsten Morgen legen wir Sad, in Ermangelung eines deutschen Bieres, eine deutsche Tafel Schokolade auf seine Werkbank …
Big Bend Ranch State Park
Karl ist der neue Super Intendant des Parks. Er erklärt uns die Trails, die wir mit dem Hund laufen dürfen und macht uns einen Paddletrail schmackhaft. Der Rio Grande ist hier nicht mehr aufgestaut, d.h. er mäandriet mit kleineren Stromschwellen durch schattige Canyons und offene Täler. Das Wetter ist ideal: Viel Sonne und wenig Wind. Da muss uns Karl nicht lange überzeugen. Und er hat auch noch einen Übernachtungsplatz für uns. Die State Parks werden vom jeweiligen Bundesland bezahlt. Texas sorgt für seine reiselustigen Bürger.
Vista de Bofecillos im Big Bend State Park
Das ist der schönste Übernachtungplatz. Definitiv. Das dachten wir zwar schon öfter, aber jetzt ist fast keine Steigerung mehr möglich: Der Himmel ist zum Greifen nahe. Die Sonne versinkt gerade blutrot hinter den Bergen des Big Bend Gebirges. Wir genießen eine 360 Grad Panarama Sicht auf Täler, Berge und Canyons. Diese einmalige Weite!
Wir stehen auf dem einsamsten Stellplatz unserer Reise: Kein Haus, kein Mensch, kein Lärm.
16 Meilen staubige Schotterpiste führten uns an diesen verlassenen Ort. Zwischendurch zweifelten wir an Karls Urteilsvermögen. Unser Postbus ist kein Geländewagen. Bernis ganze Fahrkünste waren gefragt. Aber es hat sich gelohnt: Das hatten wir noch nie. Fehlt nur noch ein knisterndes Feuer, das Muhen der Rinder und eine Mundharmonika. Gestern logierten wir bei den Indianern heute bei den Cowboys.
Inzwischen ist es Nacht geworden. Aus unserem völlig verstaubten Postbus betrachten Berni und ich den Himmel. 100 000 Stern leuchten über uns… Johnny schläft schon. Er ist müde. Endlich einmal durfte er das komplette Gelände um den Postbus nach Herzenslust absuchen. All die herrlichen Gerüche: Kaninchen, Javelinas (sieht aus wie ein Wildschwein, ist aber kein Schwein), Rehe, Berglöwen und … Was ist das?
In der Ferne heulen Kojoten. Da erhebt er sich doch noch einmal und bellt lautstark in die Dunkelheit.