In Zentralamerika ist es für deutsche Verhältnisse warm bis sehr heiß. Und es mangelt in dieser Region auch nicht an einem kühlen Nass! Fehlt ein Fluss, See oder das Meer, gibt es jede Menge Schwimmbäder. Ein sensibles Thema für mich als deutsche Frau sind die jeweils örtlichen Badesitten. Was ist zulässig, was gewagt?
Fremde Badesitten
Viele Menschen in Zentralamerika gehen bekleidet ins Schwimmbad. Ja, wirklich. Ich würde sogar fast von der Hälfte sprechen. Die Männer tragen Shorts und T-Shirt, die Frauen meist Leggings und ebenfalls ein T-Shirt. Kurz- oder langärmelig. Ich bin ehrlich, manchmal komme ich mir schon fast ordinär vor in dieser verhüllten Badegesellschaft. Dabei trage ich einen Bikini, der keineswegs zu freizügig ist. Im Laufe unserer Reise entwickelte ich verschiedene Thesen.
Sexuelle Hintergründe?
Die Mexikaner im Allgemeinen sind ein offenherziges Volk. Junge Mädchen tragen ihren Körper selbstbewusst zur Schau. Kurze Hosen und Miniröcke gehören zum Alltag. Der Ausschnitt der Bluse darf tief sein. Was sich allerdings zwischen Ausschnitt und Minirock befindet, ist tabu. Ich habe an einem heißen Thermalfluss amüsiert ein verliebtes Pärchen beobachtet. Die junge Frau brauchte fast eine Stunde um sich vor oder besser hinter ihrem Freund umzuziehen. Sie trug anschließend ein langes T-Shirt und Shorts. Vielleicht hat sich der Auserwählte mehr erhofft? Wenn es keine Gelegenheit zum Umziehen gibt, steigt der Herr und/oder die Dame pitschnass auf das Motorrad oder ins Auto.
Die Maya Frauen in Guatemala steigen mit ihrer Tracht in den Fluss, um Wäsche zu waschen. Bei der Gelegenheit wird sich selbst gleich mitgewaschen. Möglicherweise stecken hier kulturelle Gründe hinter den hiesign Badesitten. Bei den Mexikanern bezweifle ich dies.
Kein Geld für Badekleidung?
Mein nächster Gedanke war, dass sich die Person keine Badekleidung leisten kann. Ein Badeanzug in Zentralamerika kostet Geld, aber bei Weitem nicht so viel wie in Deutschland. Doch wer nichts hat, kann auch nichts ausgeben. Dann hüpfen alle Familienmitglieder eben bekleidet ins kühle Nass! Die These schien mir wahrscheinlich.
Kleidung als Sonnenschutz?
Ins Grübeln kam ich, als ich ein etwa vierzehnjähriges Mädchen mit einem langärmeligen Schwimmshirt sah, das im Wasser mit ihren Freundinnen spielte. Sie trug zudem kurze Sportleggins. Ein Schwimmshirt kostet sicher so viel wie ein Badeanzug. Es war also keine Frage des Geldes. Seit einigen Jahren steigt auch in Mexiko das Bewusstsein für die Folgen von zu viel Sonnenstrahlung. Die Fischer und Bootsführer verhüllen sich derart, dass mich manchmal das Gefühl beschleicht, einem Verbrecher in die Hände gefallen zu sein.
Balneario Chekubul
Berni und ich übernachten an der öffentlichen und kostenlosen Badestelle in Chekubul. Es ist Mitte März und auf der Halbinsel Yucatán drückend heiß. Da tut ein erfrischendes Bad gut. Die Stelle fanden wir durch unsere iOverlander App. Eine kleine Quelle speist ein Karstbecken, das heißt, das Wasser ist türkisblau und glasklar. Ein paar Palapas und Picknickplätze ergänzen das Ambiente. Alles wäre traumhaft, wäre da nicht der Müll. Uns tut der Anblick weh, die Mexikaner scheinen ihn ausblenden zu können. Im Wasser und an den Ufern tummeln sich ein paar Einheimische. Wir werden freundlich aufgenommen. Ein junger Mann zeigt Berni sogleich ein paar Affen in den Bäumen.
Schutz vor Fischen?
Aber wir sind nicht hier, um in die Bäume zu blicken; wir ziehen uns schnell um und stürzen uns ins kristallklare Wasser. Ein großer Schwarm kleiner Fische erwartet uns am Steg. Sie sind etwa fünf bis zehn Zentimeter groß. Gefährlich sehen sie nicht aus! Also hinein ins kühle Nass. Es dauert nicht lange, da spüre ich ein Zwicken im Rücken. Dann zwickt es an den Beinen und an den Armen. Die Winzlinge greifen mich an! Sie schnappen nach Schuppen und losen Hautstückchen! Scheinbar habe ich viele davon! Fluchtartig verlasse ich das Wasser.
Die Mexikaner können sich nur unschwer ein Grinsen verbergen. Vom Ufer aus betrachte ich die anderen Badegäste. Sie sind bis auf wenige Ausnahmen bekleidet. Nun, meine langen Leggings und mein T-Shirt gehören sowieso gewaschen. Warum nicht jetzt? So geschützt, begebe ich mich ein zweites Mal ins Wasser. Diese gierigen Fischlein schwimmen um mich herum, ohne mir etwas antun zu können. Was für ein gutes Gefühl! Ich schwimme mittendurch sie; das Wasser ist herrlich klar und erfrischend. Diese Badesitten machen also durchaus Sinn! Wer weiß, was mir im Wasser begegnet? Ich strecke den Daumen nach oben, in Richtung Ufer. Die Mexikaner lachen herzlich!