Popocatepetl und Izataccíhuatl, Puebla

Im Land der Vulkane 

Berni und ich schnaufen den Weg zu dem Wasserfall hinauf. Es ist eher ein Spaziergang. Nicht der Rede wert. Aber eine eiserne Faust scheint unsere Herzen zusammenzupressen. Wir bekommen kaum Luft. Immer wieder bleiben wir stehen und atmen durch. Berni ist schwindelig. 

Die Luft ist dünn

Wir befinden uns auf 3456 m im Parque Ecológico Apatlaco. Unser Postbus steht an einem kleinen Gebirgssee. Im Hintergrund türmt sich der Popocatépetl mit seinen 5442 m auf. Aus seinem Gipfel entweicht Rauch. Ein frischer Wind weht und die Luft ist dünn.

Die Sierra Nevada

Die Sierra Nevada stellt eine etwa 100 Kilometer lange tansversale Vulkanachse dar. Sie reicht von Mexiko City bis nach Mórales und beinhaltet 5 große Vulkane. Die bekanntesten sind der Popocatépetl und Izataccíhuatl. Beide werden auf 30 Mio. Jahre geschätzt.

Das Liebespaar: Popocatépetl und Iztaccíhuatl

„In der mexikanischen Mythologie war Iztaccíhuatl eine schöne Prinzessin. Sie verliebte sich in Popocatepetl, den schönsten und tapfersten aller Krieger. Der Vater der Prinzessin schickte Popocatépetl in die Schlacht mit dem Versprechen, ihm bei seiner Rückkehr seine Tochter zu geben, wenn er den Kopf seines Feindes abliefern würde. Nachdem sich die Beiden ewige Liebe geschworen hatten, trennten sich die Liebenden.
Die Zeit verging und Popocatépetl kehrte nicht heim. Ein Tlaxcalan, Iztacciíhuatls Verehrer, erzählte Iztacciíhuatl, dass ihr Geliebter in der Schlacht gefallen sei, und konnte sie überreden, ihn zu heiraten. Einige Zeit später kehrte der Krieger jedoch siegreich zurück. Iztaccíhuatl beging daraufhin Selbstmord. Der siegreiche Popocatépetl starb ebenfalls vor Kummer.
In dieser Nacht sahen die Azteken, dass sich in ihrem Tal zwei prächtige Berge erhoben hatten: Der eine in Form einer liegenden Frau, der andere groß und eindrucksvoll, wie ein Krieger, der zu Füßen der Frau kniete. Es waren die beiden Liebenden, die die Götter in riesige Berge verwandelt hatten, damit sich die Menschen ewig an die Geschichte dieser unglücklichen Liebe erinnern würden.
Es heißt, dass der Tlaxcalteca, der sich in den Berg Citlaltépetl (Pico de Orizaba) verwandelt hat, aus der Ferne über den Schlaf der Liebenden wacht, die er niemals wird trennen können.“ 
Frei übersetzt von einer Schautafel des NP Iztaccíhuatl-Popocatépetl

Berge als authentische Gottheiten

Ich tue mich schwer, Izataccíhuatl als liegende Frau zu erkennen. Aber mir gefällt die Geschichte. Denn ich bin romantisch veranlagt. Die Vorstellung, dass die lodernde Liebe in Popocatépetls Herzen nicht erlischt, ist schön.
Die alten Mexikaner verehrten die Vulkane. Sie pflegten eine heilige Beziehung zur Natur. Hügel, Berge und Vulkane stellten die Tlalogques dar, eine Art Kobolde, die dem Gott des Regens Tlaloc dienen. Sie bestiegen sie um für den Regen zu bitten oder für die Regenzeit zu danken. 

Eiskalt und kochend heiß

Wir haben den Wasserfall erreicht. Das Wasser stürzt sich etwa 30 m in die Tiefe und ist eiskalt. Kälter als jedes Tretbecken in einem deutschen Thermalbad. Ich kann nicht auf zehn zählen, ich muss meine Füße aus dem Wasser ziehen. Das Blut in den Adern scheint zu gefrieren. Wie kann das sein? Wenn die Lava in direkter Nachbarschaft kocht? Kiefern umrahmen den Wasserfall und es riecht nach Harz.

Park Ecológico Apatlaco 

Es ist Freitag Nachmittag und nichts los. Der kleine Park ist von Puebla aus in etwa einer Stunde und 45 Minuten zu erreichen. Eine Stunde folgt man einer asphaltierten Straße, dann wird es hart. Schlaglöcher und tiefe Bachläufe halten die Touristenströme von diesem verborgenen Paradies ab. Gut so. Nach dem Lärm der Stadt Puebla tut die Stille gut. Dabei bietet der Park einiges: Kleine Ferienhäuser, eine Zeltwiese, einen großen Spielplatz, eine Zipline, Pferdereiten und diverse Verkaufsstände.

National Park Iztaccíhuatl Popocatépetl 

Wir lassen uns vom Zustand der Straße nicht abschrecken und folgen ihr weitere 4 Kilometer zum NP Iztaccíhuatl-Popocatépetl. Auf etwa 3600 Höhenmetern starten Wanderwege unterschiedlicher Länge durch die Bergwelt zwischen den beiden Liebenden. Wir begnügen uns mit dem kürzeren: 6 Kilometer. Das reicht. Denn die Luft ist dünn und wir japsen nach Luft.