Grenzen setzen Grenzen, Talísman/El Carmen, Guatemala

Berni und ich haben bislang wenig Erfahrung mit Grenzen in unserem Postbus. Kanada, USA und Mexiko reichten uns, um festzustellen: Jedes Land hat andere bürokratische Hürden, die man nicht unbedingt verstehen muss. Wir scheuen zudem die Willkür der Grenzbeamten. Dazu kommt die Unkenntnis der Sprache. 
Aber irgendwann ist es auch für uns so weit. Wir möchten Guatemala bereisen. Und wir sind für dieses Abenteuer bereit.

Vorbereitungen für die Grenzen mit Hund

Wir reisen mit Hund, daher durchkämmen wir schon Tage zuvor das Internet auf Hinweise, welche Papiere für die Einreise benötigt werden. Ein Gesundheitszeugnis nicht älter als 14 Tage, eine gültige Tollwutimpfung, sowie die Befreiung von äußeren und inneren Parasiten, erfahren wir. In Santa Maria Huatulco suchen wir das Centro Veterinario auf. MVZ Dipl. Fredy Aparicio kommt zu einem anderen Ergebnis: Das Gesundheitszeugnis darf nicht älter als 5 Tage sein, außerdem, zu dem zuvor genannten, eine Impfung gegen Parvovirus, Destemper canino, Adenovirus und Leptospira Canina. Mir schwirrt der Kopf! Ich möchte unseren kleinen Hund nicht vergiften! Da schaut er sich Rosalias alten mexikanischen Pass genauer an: Siehe da, unser Hund hat bereits die nötigen Impfungen! So erhalten wir lediglich das Gesundheitszeugnis, es kostet uns 500 Pesos (etwa 25 €). Ich bin erleichtert.

Vorbereitungen für die beiden Grenzen

Berni und ich studieren die Erfahrungsberichte bezüglich des Grenzübergangs zu Guatemala von anderen Reisemobilisten. Viele sind es nicht. Auf keinen Fall sollte man sich Agenten nehmen, die es vor der Grenze zuhauf gibt. Denn diese Leute wollen für ihre Tätigkeit meist unverschämt viel Geld. Ein guter Ratschlag.
In Tapachula  suchten wir vier Wechselstuben auf, bis wir 1600 Pesos in 975 Quetzal (Guatemalische Währung) wechseln können. Das sind etwa 80 €. Mehr war nicht zu bekommen. Scheinbar sind Quetzal in Mexiko Mangelware.

Grenzübergang Talisman Mexiko

Es ist bereits 11:30 Uhr, als wir die Grenze Talisman erreichen. Zwei Mexikaner mit roten Shirts stoppen uns. Sie erklären uns, dass wir Kopien von den Pässen und diverses mehr benötigen. Dann weisen sie uns einen Platz auf dem rechten Parkplatz vor der Grenze zu. Zu diesem Zeitpunkt halten wir sie noch für Angestellte der Grenzstation. Beim Einparken bemerkt einer der beiden, dass unser rechter Hinterreifen Luft verliert. Das Problem kennen wir. Berni winkt ab, er muss sich nun als Halter des Fahrzeuges um die Aus-und Einfuhrpapiere kümmern. Ich darf ihn als Dolmetscher nicht begleiten, er wirkt schon jetzt leicht überfordert. Während ich auf ihn warte, begutachte ich unseren Reifen. Er ist definitiv platt. Damit können wir nicht weiterfahren! Was tun?

Mit einem Plattfuß an der Grenze zu Guatemala 

Ich halte ein Tuk Tuk an und frage, ob es in der Grenzstadt irgendjemanden gibt, der Luft in unseren Reifen pumpen kann? „Nein.“, bedauert er, „Nur an der Tankstelle auf der anderen Seite in Guatemala … .“ So ein Mist! Plötzlich sind unsere beiden Rotkittel in Begleitung zweier weiterer Kumpane wieder da. Ob wir einen Autoheber hätten? Ja, klar! Nur wo? Berni ist ja in der Grenzstation … !
Kurz um, bis Berni mit seinem Ausreisestempel im Pass und den Ausfuhrpapieren zurückkommt, ist die komplette Mannschaft damit beschäftigt, unseren kaputten Reifen gegen den Ersatzreifen zu wechseln. 

Agenten an der Grenze

Die Jungs möchten uns noch mehr behilflich sein und könnten uns für unsere Grenzformalitäten unterstützen. Nun fällt die Tarnung: Es sind besagte Agenten! Für 250 $ sind wir unsere Probleme los. Ich glaube mich verhört zu haben: 250 US $? Nein, dafür schaffen wir das auch alleine! Was dann folgt, ist weniger schön. Wir bezahlen das Wechseln des Reifens zu dem 5-fachen Preis, der in Mexiko gezahlt wird, aber wir sind jetzt schon mit den Nerven am Ende! Ich lasse meinen Pass ebenfalls stempeln, dann wird unser Auto noch lapidar vom Zoll begutachtet und wir dürfen die Brücke passieren, die nach Guatemala führt. 

Wegezoll

Auf der Brücke werden wir wieder gestoppt. Das Befahren der Brücke kostet 15 Quetzal! Ich schaue den Mann entgeistert an. Ist das ein Trick? Aber Berni zückt den Geldbeutel: Was sind schon umgerechnet 1,80 €? 

Grenzübergang El Carmen Guatemala

Auch auf der Guatemalischen Seite springt sofort ein Rotkittel vor unser Auto. Er winkt, dass wir ihm folgen sollen. Wir zögern nicht lange: Denn die Grenze entspricht absolut keinem europäischen Standard. Es wimmelt nur so von Verkaufsständen, kleinen Copyshops und Menschen. Irgendwo dazwischen muss die Grenzstation sein. Der Rotkittel heißt Victor und verspricht uns zu helfen. Ich frage nach dem Preis, aber er winkt ab. Stattdessen führt er uns zu einem Copyshop, indem alle wichtigen Papier und Pässe mindestens zweimal kopiert werden. Er registriert Rosalia und passiert mit ihren Kopien des Gesundheitszeugnisses und dem Impfpass die Tierkontrolle. 285 Quetzal wechseln den Besitzer und wir haben alle Stempel, die wir brauchen. Die Papiere werden von niemandem mehr kontrolliert.

Agenten von der Behörde nicht erwünscht 

Wir dringen zum Zoll vor. Unser Agent ist hier nicht erwünscht. Wir erhalten Kopien, auf denen auf Englisch steht, dass die Einreise nach Guatemala 160 Quetzal (knapp 20 €) kostet und keinen Quetzal mehr. Ach, so ist das! Unser Freund lässt sich das Geschäft allerdings nicht entgehen. Er wartet dezent im Hintergrund. Ich frage ihn noch einmal nach dem Preis. Er winkt wiederum ab.
Summa summarum dauert das Prozedere auf Guatemalischer Seite zwei Stunden. Es werden noch mehr Kopien gemacht, der Wagen wird eingehend untersucht und desinfiziert, das Geld muss auf einer Bank eingezahlt werden und der Zahlungsbeleg wiederum am Schalter abgeben werden. Dann erhalten wir unser Tipo auf der Windschutzscheibe. Wir dürfen passieren. 

Was ist Hilfe wert?

Ich bin unserem „Agent“ durchaus dankbar. Er hat uns zwei Stunden begleitet und soll auch Geld erhalten, aber was ist angemessen? Ich frage ein drittes Mal. Außerhalb der Augen der Grenzstation rückt er mit dem Preis heraus: Dollar sind es, die ihn interessieren. „Damit können wir nicht dienen, da wir aus Europa kommen …“ unterbreche ich ihn Achsel-schüttelnd. Das verblüfft ihn. Ich drücke ihm 200 Quetzal in die Hand. Das ist mehr als die Zollgebühr. Berni startet den Motor. Unser Agent ist empört. Ich sehe ihn im Rückspiegel schimpfen. Aber Berni hält nicht mehr an, er möchte hier endlich raus… !