Die Silberminenstadt Guanajuato, Guanajuato

Berni ist im Stress. Das ist er immer, wenn wir in eine Großstadt fahren. Guanajuato ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates und hat knapp 200 000 Einwohner. Wir fuhren schon durch größere Städte, aber diese Stadt liegt in einem engen Tal. Links und rechts wachsen die bunten Häuser die Hänge hinauf. Das sieht hübsch aus, wenn man Beifahrer ist. Berni hat dafür keine Augen. Er muss sich auf den Verkehr konzentrieren. 

Silberminen

Guanajuato ist eine ehemalige Silberminenstadt. Und wo die einstigen Tunnel schon vorhanden sind, kann man sie auch gleich für den Verkehr nutzen! Es wimmelt nur so von Einfahrten in finstere Löcher. Und sie sind eng und niedrig. Es scheint, dass die komplette Stadt untertunneln ist, denn auch Parkhäuser befinden sich unter Tage. Die Felswände sind rustikal behauen. Das sieht urig aus.

Die steilen Straßen von Guanajuato

Auf den Straßen herrscht das übliche mexikanische Verkehrschaos. Der Morrill RV Platz liegt auf einen dieser Hügel, die sich nahezu senkrecht in den Himmel wölben. Unser Postbus quält sich eine gepflasterte schmale Straße hinauf. Die abgefahrenen Steine glänzen und sind rutschig. Nur jetzt nicht anhalten! Wir könnten nicht mehr anfahren. Am Abend wird mir Berni anvertrauen, dass er in seinem ganzen Leben noch nie eine so steile Straße gefahren ist. Im Augenblick der Gefahr ist er indes völlig ruhig. Das Tor zu unserem RV Platz ist offen, es scheint aber kein Personal anwesend zu sein. Macht nichts! Wir stellen uns unangemeldet auf einen freien Platz. Berni fährt heute keinen Meter mehr!

Fußweg ins Centro von Guanajuato 

Es ist früher Nachmittag. Einem Stadtbesuch steht nichts im Wege. Nur 1,7 Kilometer sind es ins Zentrum. Nach dem Autostress tut uns Laufen gut! Wir vertrauen uns Google Maps auf Bernis Handy an und los geht es. So sicher geführt, hört es sich einfach an, ist es aber nicht. Zunächst geht es ins Tal hinab um den nächsten Hügel hinaufzuschnaufen. Zwischen den Häusern gibt es Schleichwege, die ich bei Dämmerung niemals laufen würde. In den dunklen Ecken liegt Müll und Hundekot.

 Menschen über Menschen

Dass wir auf dem richtigen Weg sind, merken wir an den Menschenmengen, die uns im Zentrum begegnet. Ich suche das Teatro Juárez. Das soll der Ausgangspunkt für unsere Entdeckungstour sein. Wir folgen der Avenida Juárez. Wenn sie uns nicht zu unserem Ziel führt, welche Straße dann? Schließlich trägt sie denselben Namen. Sie führt uns stattdessen zum Mercado Hildago, der 1910 eröffnet wurde. Es ist ein imposantes Gebäude. Ich liebe Märkte, aber hier ist die Hölle los. Um die Halle herum versuchen Verkaufsstände mit Lautsprechern oder Musik die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen. Der Gehweg ist schmal, überfüllt von Menschen, und auf der Avenida Juárez tobt der Verkehr. Es ist Freitagnachmittag. Die Menschen strömen aus allen Ecken. Was ist hier los? Wir heben uns den Markt uns für später auf. Zunächst brauchen wir eine ruhige Bank um uns neu zu orientieren. Leichter gesagt wie gefunden. In mitten dieses Chaoses.

Verloren im Großstadtdschungel 

Dort stellen wir fest, dass wir in die falsche Richtung liefen. Das ist ärgerlich. Aber Berni stellt auch fest, dass der Akku seines Handys nur noch 17% hat. Das ist mehr als ärgerlich, das ist alarmierend! Denn ich nahm mein Handy nicht mit. Ein fataler Fehler. Wie sollen wir nun zurückfinden? Wir haben nicht einmal etwas zum Schreiben dabei um die Adresse unseres RV Parks aufzuschreiben! Für den Fall eines Taxis. Jetzt ist ein kühler Kopf gefragt. 

Teatro Juárez

Wir beschließen den Plaza beim Teatro Juárez aufzusuchen und dort die Lage zu überdenken. Vielleicht ist es dort ruhiger? Ist es nicht. Im Gegenteil. Eine Musikbühne ist aufgebaut und aus Lautsprecher tönt Technomusik. Wir flüchten in die Plaza de Mexiamora. Dort steht zwar ebenfalls eine Musikbühne, sie scheint allerdings gerade Pause zu haben. Wir erfahren, dass in Guanajuato gerade die Musiktage stattfinden. Vierzehn Tage lang gibt es auf sämtlichen Plätzen der Stadt kostenlose Konzerte. Das Programm hängt an einer Tafel eines jeden Platzes. Das erklärt die Menge an Menschen! Berni und ich finden eine freie Bank. Wir entspannen uns. Notfalls fahren wir mit dem Taxi zu unseren RV Platz zurück. Und wo wir schon einmal hier sind, könnten wir uns die Seitengassen noch näher anschauen.

 Rückweg

Bernis Handy hat inzwischen noch eine Akku Ladung von sechzehn Prozent. Es ist etwa 17:00 Uhr und noch viel Zeit bevor es dunkel wird. Vielleicht sollten wir es wagen zu Fuß den Rückweg anzutreten? Wir haben einen guten Orientierungssinn. Und war das nicht der Fußweg, dem wir so lange Zeit folgten? Es geht steil bergauf. Oben angekommen stellen wir fest: Er ist es nicht. Wir landen auf einem Nebenhügel. Auf der gegenüberliegenden Seite können wir unseren RV Platz erkennen. Dummerweise liegt ein tiefes Tal und ein Bach dazwischen. 

Zwischen den bunten Häusern von Guanajuato 

Wir opfern die letzte Akkuleistung von Bernis Handy um uns zu orten und einen neue Route zu berechnen. Google Maps möchte uns die Höhenmeter ersparen und führt uns in einem weiten Bogen um das Tal. Das bedeutet 2,7 Kilometer mehr! Unser RV Park ist derweil zum Greifen nahe! Berni und ich schauen schauen nach unten. Durch dieses Häuserlabyrinth muss es einen alternativen Weg geben! Wir schalten das Handy ab und schlagen uns über die schmalen Fußwege zwischen den Häuser kreuz und quer nach unten. Hier verirrt sich normalerweise kein Tourist hin. Viel Mexikaner auch nicht. Wollte man uns ausrauben, wäre das die beste Gelegenheit. Ein wenig mulmig ist mir.  Nun gilt es nur noch den Fluss zu überqueren und den gegenüberliegenden Hügel hinaufzuschnaufen. Die folgende Strecke kennen wir, das ist kein Problem!

Morrill RV Park 

Inzwischen ist eine Mexikanerin vor Ort, die unsere Bezahlung entgegen nehmen kann. Sie fragt, wie lange wir bleiben. „Eine Nacht“, kommt es wie aus der Pistole geschossen von Berni. Sie schüttelt ungläubig den Kopf. Ob wir nicht von dem Musikfestival gehört hätten? Da ist jeden Tag etwas geboten! Viele Menschen kommen extra deswegen. Ich verrate ihr nicht, dass es Menschen gibt, die deswegen wieder abreisen…