Aguateca – Ruinen im Dschungel, Guatemala 

Berni und ich verschlafen. Um neun Uhr blicken wir auf die Uhr! Was riet uns Ada, die Besitzerin des Balnearios Aguateca Nacimiento? Wir sollen früh zu unserer Dschungeltour zur Ausgrabungsstätte Aguateca aufbrechen, weil mittags die Sonne zu hoch steht. 
Auf dem Weg zur Toilette stolpern wir über den häßlichsten Hund der Welt, der keinen Millimeter von unserer Tür weicht. Der weiße Bullterrier mit diversen Schönheitsfehlern gehört zum Inventar der Badeanstalt. Er weicht Berni nicht von den Fersen! Um 10 Uhr begebe ich mich zu Ada um eine Skizze des Weges mit ihr zu erstellen. Wir haben keinen Internet-Empfang und unsere Offline App Maps.me glänzt mit einer weglosen, grünen Fläche. Ich bin ein wenig nervös. Was, wenn wir uns verlaufen? Ich sehe schon die Schlagzeilen: Deutsche im Dschungel von Guatemala vermißt!

Allein im Dschungel

Ada und ihre beiden Bullterrier begleiten uns aus dem riesigen Gelände der Badeanstalt und führen uns auf den richtigen Weg. „Immer auf dem Pfad bleiben!“, meint sie und winkt zum Abschied. Wir nehmen uns vor, alle 500 Meter eine Markierung in die Offline Karte zu setzen. Sicher ist sicher. 
Der Pfad folgt dem Fluss. Er streift ein Maisfeld und ich staune, wie ein Maisfeld in Guatemala im Vergleich zu Deutschland aussieht.

Es krabbelt überall

Bald tauchen wir vollends in den Dschungel ein. Auf jeder Ebene ist ein ganzer Kosmos an Tieren anzutreffen. Vogelspinnen sind vergleichsweise gut zu erkennen. Ameisen attackieren Berni, sobald er stehen bleibt. Mein Mann bevorzugt Sandalen zum Wandern. Die hiesigen Hormigas sind besonders wehrhaft. Ihr Biss lässt auf unserer Haut Blasen entstehen, die tagelang jucken. Ebenso verbreitet sind Zecken. Sie sind nur Stecknadelkopfgroß und ihr Gift bildet ebenfalls juckende Bläschen auf der Haut. Nach der Wanderung entdecken wir etliche an unseren Beinen. In Kopf- und Schulterhöhe umsurren uns Moskitos. Wir haben Glück, die Population hält sich in Grenzen. Lästig sind sie auf alle Fälle! Hoch oben in den Gipfeln der Bäume entdecken wir Brüllaffen. Tagsüber sind sie friedlich, aber am Abend ertönt ihr ohrenbetäubendes Geschrei. Dann gilt es die Schlafbäume zu verteidigen.

Grün wohin das Auge schaut

Baumriesen stützen sich mit Fächerwurzeln ab, denn der Boden ist morastig. Schattenpflanzen gedeihen wie in einem botanischen Garten. Und Palmen ergänzen das Grün mit einer exotischen Komponente. Es ist schön hier. Fast wie in einem Paradies.

Aber es ist inzwischen so heiß, dass unser Schweiß in Strömen rinnt. Stehenbleiben ist keine gute Idee und so stolpern wir Punkte setzend grob in Richtung der Ausgrabungsstätte Aguateca. Der Pfad lässt Interpretationen zu!

Ausgrabungsstätte Aguateca

Die Ausgrabungsstätte liegt auf einem etwa hundert Meter hohem Kalksteinplateau, das wir von unserem Pfad aus schlecht erkennen, weil der Dschungel zu dicht ist. Wir bemerken nur einen steilen Anstieg. Die Ruinen wurden 1957 erstmalig entdeckt und ab 1990 ausgegraben und erforscht. 
Funde belegen erste Siedlungen von 300 v. Chr. – 350 n. Chr. Etwa 700 n. Chr. bauten die Könige von Petexbatún Aguateca und Dos Pilas zu Doppelhauptstädten aus. Beide entstammten der Dynastie von Tikal. Es war eine kriegerische Zeit. Die Städte bildeten Allianzen untereinander. Vielleicht war das der Grund? Auf der Felsenklippe thronend bot Aguateca einen gewissen  Schutz. Sie entwickelte sich zu einer großen, dicht bevölkerten Stadt mit mehreren tausend Einwohnern. 

Immerwährende Kriege

Um 810 fiel die Stadt Dos Pilas dem Feind in die Hände. Der letzte Herrscher Tan Te’ K’inich verschanzte sich mit seiner Familie und der adligen Oberschicht in Aguateca. In dieser Zeit entstanden die knapp 5 Kilometer langen Verteiligungswälle aus Schutt und Baumaterial. Sie konnten die Feinde jedoch nicht aufhalten. Der König und die Oberschicht floh. Die kriegerischen Auseinandersetzungen sind auf den vielen Stehlen bestens dokumentiert, die vor allen Dingen auf der Plaza Mayor aufgestellt wurden.

Ein verstecktes Juwel

Die Anlage ist weitläufig, damit hatten wir nicht gerechnet. Wer hat schon je etwas von den Ruinas Aguateca gehört? Obwohl sie zu den am besten erhalten Ausgrabungsstätten Guatemalas gehört! Aber der Weg dorthin ist mühsam: Touristen können nur mittels eines privaten Bootes oder über den Dschungelpfad zur Ausgrabungsstätte gelangen. Es ist schon später Nachmittag, als wir uns auf den Rückweg begeben. Angekommen im Balneario Aguateca Nacimiento treffen wir auf eine aufgelöste und schwer besorgte Besitzerin. Und wir werden glückselig begrüßt von Miss Piggy, dem häßlichsten Hund der Welt. Der uns plötzlich gar nicht hat mehr so häßlich erscheint. Irgendwie ist er doch auch sympathisch und liebenswert. Aber er benötigt dringend ein Bad!