Schüsse in San Cristóbal, Chiapas

Die Stadt San Cristóbal liegt auf 2000 m Höhe. Mitten in den Bergen. Sie wurde 1528 von den Spaniern gegründet und gilt als älteste spanische Siedlung im Mayaland Chiapas.

Bunte Häuser

Wir sind mit Axel und Corinna auf dem Weg zur Kathedrale von San Cristóbal. Die beiden lernten wir vor etwa einer Woche kennen. Sie bewegen sich auf derselben Route wie wir. Und so treffen wir uns auf jedem Campingplatz mit einem großen Hallo wieder! Es ist später Nachmittag, genau die richtige Zeit um die Kathedrale bei bestem Sonnenstand fotografieren zu können. Unser gemeinsamer Campingplatz San Nicolás By Rotamundos liegt zentral, sodass wir zu Fuß gehen können. Enge Straßen mit hohen Bordsteinkanten führen ins Zentrum. Die Wände der Häuser sind bunt gestrichen und oft mit Graffiti verziert. Winzige Lädchen bieten Souvenirs oder kulinarische Köstlichkeiten an. Es gibt viel zu sehen. Aber ich muss mich auf den Weg konzentrieren. Die Gehwege sind viel zu schmal und viel zu hoch!

Silvesterknaller oder …

Mich in Ruhe umsehen kann ich erst am Palacio Municipal. Das ist ein großer Platz mit schattigen Bäumen und netten Geschäften unter Arkaden. Aus einer Seitenstraße ertönen Knaller, aber das ist in Mexiko nichts ungewöhnliches. Die Mexikaner lieben Feuerwerkskörper. Es wird zu jeder Gelegenheit gebollert: Geburtstag, Hochzeit oder einfach so. Sie finden es toll. Wir weniger. Und unser Hund Johnny noch weniger. Er fängt dann sofort zu zittern an. An ihn denke ich auch jetzt. Ich bin froh, dass er unseren Bus auf dem Campingplatz bewacht und nicht hier ist. So in Gedanken versunken bemerke ich die konfus rennenden Menschen zunächst nicht. Meinen drei Begleitern steht der Schrecken allerdings schon im Gesicht geschrieben: Hier stimmt etwas nicht! Aber was? Doch kein Silvesterknaller?

Schüsse?

Einige Geschäfte fangen an ihre Schaufenster zu verrammeln, ein Polizist telefoniert hektisch. Wir stehen etwas ratlos auf dem Platz. Die Schüsse scheinen aus einer bestimmten Richtung gekommen zu sein. Denn von dort kommen Menschen mit entsetzten Gesichtsausdrücken. Ein Pritschenwagen mit Militär fährt vor, es wird aber nichts abgeriegelt. Kein Krankenwagen fährt vor… Keine Sirenen. Nada. Vielleicht doch ein Feuerwerkskörper? Die Straße zur Kathedrale scheint nicht betroffen. Sie liegt quasi vis-à-vis. Also erst einmal dorthin. Leider wird die Kathedrale derzeit renoviert. Ein Bauzaun umhüllt den Eingang. Schade. Unseren beiden Freunden wird die Situation zu brenzlig. Sie kehren zum Campingplatz zurück.

Entwarnung 

Aber so leicht geben Berni und ich uns nicht geschlagen. In meinem rudimentären Spanisch frage ich einen Soldaten, ob es hier gefährlich für uns wäre. „Im Moment ist es ruhig“, meint er lakonisch.. „Sind wir hier sicher?“ frage ich noch einmal. „Si“, meint er und lächelt. O.k. Er muss es wissen! Berni und ich gehen weiter in Richtung alter Markt. Dort allerdings stehen immer mehr Menschen mit entsetzten Gesichtern. Wir ändern vorsichtshalber die Richtung. Inzwischen fährt ein Moped mit einem Megafon durch die Gassen. Auch das ist Alltag in Mexiko. Sie lieben es laut. Diesmal verkündet der Mexikaner wohl die Entwarnung, denn die Ladenbesitzer fangen an ihre Geschäfte wieder zu entrammeln. Sie sind geübt, es geht ganz schnell. Das Business muss schließlich weiter gehen. Wenig später schlendern wir durch die hübsche Fußgängerzone. Es ist, als wäre nie etwas geschehen.

Marktrechte

Auf unseren Campingplatz werden wir erfahren, dass es Uneinigkeiten zwischen den Markthändlern gewesen sind, die eine Gewehrsalve auslöst hatte. Verletzt wurde niemand. Zwei Tage später wird die ganze Stadt abgeriegelt. Keiner kommt mehr raus und rein. Aber da sind wir schon auf dem Weg nach Tuxtla. Für unsere beide Freunde war es zu spät. Sie mussten einen Tag länger wie geplant in San Cristóbal bleiben. Prinzipiell will niemand in Mexiko Ärger mit den Touristen. Das gilt für irgendwelche Streithähne, Drogenbosse und sogar die Polizei. Aber man kommt vielleicht ins Kreuzfeuer. Daher danke ich in Gedanken unserem Schutzengel für seine kluge Voraussicht!

Templo de nuestra Señora de Guadalupe

Im Moment genießen wir jedoch einen schönen Abend in der Altstadt von San Christobal. Eine kleine Kirche leuchtet uns von einem Hügel aus an. die muss unbedingt überprüft werden. Es ist der Templo de nuestra Señora de Guadalipe. Die Sonne geht langsam unter. Auf 2000 Meter Höhe wird es dann empfindlich kühl. Als ich das letzte meiner drei Kleidungsstücke übereinander gezogen habe, gehen wir zum Campingplatz zurück. San Cristóbal ist eine schöne Stadt mit vielen Kirchen und schönen Plätzen. Vielleicht die schönste Stadt auf unserer bisherigen Reise. Trotz der Schüsse..