Lamanai und The Bloody Mirror, Belize

Lamanai und The Bloody Mirror, Belize 

Berni und ich richten uns auf dem Platz des Veranstalters der Lamanai River Tours häuslich ein. Berni räumt die heute Mittag in Orange Walk Town gekauften Lebensmittel in den Kühlschrank, und ich fülle Rosalias Trinknapf mit Wasser, als es plötzlich kracht. Wir blicken erschrocken auf: Ein Auto fuhr beim Wendevorgang rückwärts in unsere Beifahrertür! Wie kann das sein? Die Zeit scheint für einen kurzen Moment stehenzubleiben.

Veranstalter Lamanai River Tours 

Zwei Boote liegen am kleinen, hölzernen Schwimmsteg. Im Hintergrund tönt ein Radio. Zwei schiefe Hütten dienen als Werkstatt. Eine Hündin mit zwei Jungen begrüßt uns, das Ambiente wirkt nicht gerade einladend. Da entdecken wir einen jungen Mann in der Richtung, aus der die Musik ertönt. Er entspricht genau dem Typ, den wir allgemein als Belizianer festmachen: Groß, schlaksig, dunkelhäutig und die langen schwarzen Rasterlocken mit einem Band zusammengebunden. „Der Chef repariert ein Boot“, nuschelt er, und kann es nicht glauben, dass dem nicht so ist. Außer ihm ist keiner da. Dreimal wiederholt er fassungslos den Satz. Berni und ich blicken uns an: Der junge Mann ist high! Nun, wir werden auf den Chef warten. Laut unserer iOverlander App können wir hier eine Bootstour auf dem New River zu der Ausgrabungsstätte Lamanai buchen und kostenfrei auf dem Gelände übernachten. Ohne jeglichen Service versteht sich. 

Ein Tagesausflug

Die Tour besteht aus einer 37 Meilen (einfach) langen Bootstour mit Tierbeobachtung, einer geführten Tour durch Lamanai und einem Lunch. Die Rückkehr wird am Spätnachmittag sein. Sie kostet 60 US $/pp. Tatsächlich landet etwas später ein weiteres Boot am Bootssteg an. Unser Deal ist schnell getätigt. Denn den Chef plagen andere Sorgen: Seine Reparatur am Boot funktioniert nicht so wie geplant. 

Wie kann der Postbus übersehen werden?

Ein stämmiger, guatemaltekisch aussehender Mann steigt aus. „I am so sorry“, sagt er, „ich habe euch übersehen …!“. „Wie kann der Postbus übersehen werden? Wir sind groß und gelb“, entgegne ich aggressiv. „Die Sonne hat mich geblendet …“, antwortet er und hebt die Arme in die Höhe. Und tatsächlich, hinter uns geht die Sonne gerade unter. Berni winkt ab. Er sah sofort, dass der Postbus lediglich ein paar Schrammen und eine Beule mehr bekam. „Was soll ich jetzt herumstreiten!“, meint er zu mir. Unser Rambo fährt glücklich von dannen.

Bootstour mit The Bloody Mirror (Der blutige Spiegel)

Pünktlich um neun Uhr startet unser Boot und wir staunen nicht schlecht: Rambo ist unser Guide! Er scheint uns nicht zu erkennen. Ob er gestern ebenfalls high war? Bevor die Fahrt losgehen kann, müssen wir acht weitere Erwachsene und fünf Kinder von ihren Hotels am New River abholen. „Jeder Guide von uns hat einen speziellen Namen, den man sich gut merken muss, right?“, stellt er sich vor, „Ich bin The Bloody Mirror!“. Alle Augenbrauen gehen in die Höhe. Wie bitte? Und damit wir den Namen nicht vergessen, fragt er: „Wie heiße ich?“ „The Bloody Mirror!“, ertönt es im Chor. Ich kann es nicht fassen! THE BLOODY MIRROR, der blutige Spiegel, hat gestern unseren Postbus gerammt! Das ist wie in einem Krimi, der im Drogenmilieu spielt. Ich schüttele den Kopf. Sachen gibt es, die gibt es doch gar nicht.

Tiere im Dschungel

Während wir per Motorboot durch den Dschungel sausen, muss ich dennoch schmunzeln. Ich meine, originell ist das schon. Die Idee mit dem Namen. Wer vergisst schon The Bloody Mirror? Der New River schlängelt sich in endlosen Schleifen durch den Dschungel. Ab und zu stoppt The Bloody Mirror das Boot, um uns auf diverse Tiere aufmerksam zu machen.

We are one family

Während der Tour sind wir eine Familie. „My family, we make a stopp now and you can trink same water …“ oder „My family please listen …“, tönt es von unserem Guide. Das ist nett und schafft sofort ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Ausgrabungsstätte Lamanai

„Entgegen der öffentlichen Meinung, kommt der Name Laminai vom Maya Wort Lamanaiin. Das bedeutet Krokodil.“ erklärt The bloody Mirror. Das ist nicht abwegig, denn im New River gibt es Krokodile. Unser Guide ist als Maya-Nachfahre auch für die Führung durch die Ruinen zuständig. Ich betrachte ihn verstohlen. Vom Verkehrsrambo über den The Bloody Mirror zum Maya-Nachfahre – es wird immer toller! Eindrucksvoll erklärt er uns, wie die Pyramiden im Laufe der Zeit kontinuierlich umgestaltet wurden, da jeder Herrscher seine persönliche Note hinterlassen wollte. In Chichen Itzá gibt es den größten Ballsportplatz in der Maya Welt, in Lamanai fanden die Archäologen gleich zwei Ballplätze nebeneinander. Das ist einzigartig.

Wasservorkommen, die Grundlage für eine Stadt 

Interessant sind seine Ansichten zum Wassermangel, an dem viele Maya Stätten litten und der letzten Endes zu ihrem Untergang führte. Als Mörtel verwendeten die Erbauer der Pyramiden ein Gemisch aus Asche. Die Asche gewannen sie, indem sie Bäume verbrannten. Wie viele Bäume braucht es, um eine Anlage dieser Größenordnung zu fixieren und zu verputzen? Einen ganzen Wald. Bedenkt man, wie dicht das Land besiedelt war, dürfte die Landschaft nahezu waldlos gewesen sein. Ohne Bäume trocknet der Boden aus. Der Regen verdunstet sofort. Die Städte wuchsen zu Mega-Citys heran, die mit Zisternen versorgt werden mussten. Irgendwann ist das nicht mehr zu meistern.

Lunch time!

Im Dschungel ist es drückend heiß. Meine Fußsohlen werden von Ameisen attackiert. Sie sind ausgesprochen aggressiv. Kaum bleiben wir stehen, fühlen sie sich in ihrem Territorium bedroht und beißen erbarmungslos zu. Ihr Biss brennt fürchterlich und bildet anschließend Bläschen. Da hilft auch kein Moskitospray, mit dem sich meine Brüder und Schwestern einnebeln. Wir sind froh, als The bloody Mirror verkündet: My family, now it’s lunch time! 
Er stellt verschiedene Schüsseln mit Reis, Hühnchen, Kartoffelsalat, gemischtem Salat und gebratenen Bananen auf einen Tisch. Wir haben alle Hunger und Durst. Es ist schön, zusammen zu essen.

Auf dem Rückweg ist es still. Die Kinder schlafen fast alle in den Armen ihrer Eltern ein. Der Fahrtwind pfeift uns um die Ohren. Wir sind müde. Berni, Rosalia und ich verlassen mit unserem Guide als letztes das Boot. „Goodby and thank you“, sage ich zu ihm und beiße mir auf die Zunge. Please, be carefull of our Van (Bitte pass auf unseren Bus auf) – wäre mir fast entwichen!