Der Markt von Chichicastenango
Wir sind inzwischen am Lago de Atitlán angekommen. Das ist ein wunderschöner Gebirgssee umringt von Vulkanen. Panajachel (1600 m) ist eine gute Ausgangsstation um das Umland zu erkunden.
Der Markt von Chichicastenango soll der größte indigene Markt Guatemalas sein, und er ist nur 36 km entfernt. Es trennen uns 500 Höhenmeter und ein Gebirgszug mit wahnwitzigen Kurven. Für die wenigen Kilometer berechnet GoogleMaps 1 Stunde und 20 Minuten. Einfache Strecke! Das muss Berni nicht fahren, wenn es anders geht!
Im Chickenbus zum Markt in Chichicastenango
Chickenbus Nr. 1
Am Sonntag schließen wir uns mit zwei weiteren Deutschen zusammen und stehen morgens um 8.30 Uhr an der Bushaltestelle Panajachel ins benachbarte Sololá. Ein Bus, der Marke Chickenbus fährt vor. Wir nennen ihn so, weil diese Busse alles transportieren, einschließlich Hühnchen (Chicken). Im Bus gibt es noch reichlich Platz, und wir genießen die etwa 20 minütliche Fahrt. Im Bus sammelt ein junger Mexikaner das Fahrgeld ein: 5 Queztal/ pp. Das sind etwa 0,6 €.
Chickenbus Nr. 2
Dort angekommen wartet der Bus zum Zwischenziel Los Encuentros. Der Fahrer mahnt zur Eile. Wir werden wie Schäfchen zum Bus getrieben, denn wir sind Ausländer. Und wo wollen die hin? Immer zum Markt nach Chichicastenango! Man kann gar nicht verloren gehen. Wir finden noch einen Platz, merken aber schnell, dass aus einem 2 x 2 Reihenbus ein 2 x 3 Reihenbus werden kann. Der „Geldeinsammler“ hängt aus der geöffneten Tür und kündigt uns schon von weitem an. Auch ich biete einer jungen Mexikanerin die „Kante“ neben mir an. Unser Bus windet sich bergauf und bergab: Da ist sitzen allemal besser als stehen. Die 40 minütliche Fahrt kostet 4 Queztal/pp. Das sind knapp 0,5 €.
Chickenbus Nr. 3
Das gleiche Schema wie zuvor, spielt sich auch in Los Encuentros ab. „Chichi? Chichi?“, rufen die Angestellten der Buslinie nach Chichicastenango und dirigieren uns in den richtigen Bus. Inzwischen ist es schon fast 10 Uhr. Kaum betrete ich den Bus, zeigt eine alte Mexikanerin auf den freien Platz vis-a-vis von ihr in der ersten Reihe. Ein alter Mann sitzt schon am Fenster. Ein Blick in die Tiefen des Busses zeigt mir: Der Bus wird voll! Berni ergattert einen Platz hinter mir. Mehr geht nicht. Ich bin ganz zufrieden, denn von meinem Logenplatz aus kann ich alles genau beobachten. Die Straße liegt mir quasi zu Füßen. Unser Fahrer und sein Kollege haben viel Spaß miteinander. Sie scherzen und lachen, während letzterer aus der geöffneten Tür hängt um immer mehr Menschen einzusammeln. Unser Fahrer kennt die kurvige Straße gut, denn er kann es sich erlauben nebenher noch zu telefonieren!
Völlig überbeladen
Aus 60 Passagieren werden 90 Passagiere. In den Gang passen locker 20 weitere Menschen. Inzwischen teilen der Opa und ich unsere Bank noch mit einer üppigen Mayafrau. Sie verstopft mit ihrem Körper den Durchgang. Kurz überlege ich, was bei einem Unfall passieren würde. Mir vermutlich nichts, denn ich bin weich eingebettet zwischen Opa und Mutti. Soviel Körperkontakt ist auch irgendwie gemütlich. Ich finde es schön, dass es keine Berührungsängste gibt. Schließlich fallen wir auf wie bunte Hund. Nur mein Opa ist sichtlich verlegen: Ich sitze ihm schon fast auf dem Schoß! Eine Gruppe Mayafrauen steht am Straßenrand. Sie wollen doch nicht … ? Doch. Ich muss aufstehen, damit Mutti zur Seite rücken kann um Platz für die Frauen zu machen. Dummerweise kann sie nun nicht mehr zurück. Nun, auf der Rückenlehne sitzt es sich auch gut! Das Personal lacht und zeigt mit dem Daumen nach oben. „Wie heißt der kleine Hund“, will der Fahrkartenkontrolleur wissen. Ich sage es ihm. „Rosalia, Rosalia“, lacht er, „das ist die Fahrt deines Lebens!“. Nicht nur ihre! Die vierzig Minuten Fahrt kosten 10 Queztal pp. Das sind umgerechnet 1,2 €.
Der Markt von Chichicastenango
Ein Verkaufsstand nach dem anderen reiht sich durch ein ganzes Labyrinth von Straßen. Alles ist unglaublich bunt. Meine Sinne sind bald überfordert. Die Gassen sind eng und zum Teil zusätzlich abgedunkelt. Da kommen die Farben besser zur Geltung! Denn die bestickten Blusen der Mayafrauen leuchten. Es wird gefeilscht und gehandelt.
Die bestickten Kleider der Mayafrauen
Die ursprüngliche Kleidung der Maya war schmucklos. Die Spanier forderten zur Unterscheidung der Dörfer eine Kennzeichnung. So fingen die Frauen an, ihre Kleidung zu besticken. Es war eigentlich eine erniedrigende Tat. Heute tragen die Mayafrauen aus Guatemala ihre bestickten Blusen und Röcke um „gesehen“ zu werden. Ihre Kultur soll nicht untergehen. Sie tragen mit Stolz ihre wunderschönen Blusen und Röcke und wirken selbstbewusst.
Retour
Soviel schauen macht müde. Nach drei Stunden denken wir an die Rückfahrt. Diesmal in umgekehrter Reihenfolge. Und wißt ihr was? Ich freu mich drauf!