Die Odysee der Monarchfalter, El Rosario Monarch Butterfly Sanctuary, Mexiko

Weltberühmt

Der Monarchfalter ist eine der bekanntesten Schmetterlingsart der Welt. Das hat einen Grund: Er gehört zu den Wanderfaltern und legt unglaubliche 3600 Klometer zurück. 100 Millionen Tiere machen sich jedes Jahr vom Osten Nordamerikas aus auf den Weg in die mexikanische Sierra Nevada. Eine unvorstellbare Leistung für ein Tier, das von Flügel zu Flügel etwa fünfzehn Zentimeter misst!
Sein lateinischer Name lautet Danaus plexippus und er ist ein Edelfalter. Den königlichen  Namen, Monarchfalter, trägt er zurecht: Denn seine auffallende orange Grundfarbe leuchtet majestätisch in der Sonne.

Vorsicht giftig

Die Farbe ist es, die die Fressfeinde warnt: Vorsicht giftig oder wenig schmackhaft. Im Raupenalter ernährt sich der Monarchfalter von der Seidenpflanze Asclepias lunaria und lagert dadurch Giftstoffe sog. Herzglykoside, an. Die Pflanze ist an den großen Seen in Amerika verbreitet. Es ist die ursprüngliche Heimat dieser zauberhaften Geschöpfe. Der Export der Seidenpflanze in alle Welt zerstreute die Population. Inzwischen gibt es die Monarchfalter auch im Norden von Südamerika, in Australien, Neuseeland, Hawai und Spanien.

Erkennungsmerkmal ist die schwarze Zeichnung

Berni und ich befinden uns in der mexikanischen Sierra Nevada auf 3200 Metern Höhe. Wir übernachteten auf dem Parklatz des Monarch Butterfly Sanctuary El Rosario auf 3000 m, um zeitig zu den Schmetterlingen aufzubrechen. Denn die letzten 200 Höhenmeter sind zu Fuß zurückzulegen. Wir sind so früh dran, dass wir einen Guide für uns alleine haben. Ohne Guide ist die Wanderung nicht gestattet. Die Führung ist im Preis inbegriffen. Es ist ein junger Mann vom Ort unterhalb des Schmetterlingszentrums. Er ist die Höhenluft gewöhnt. Wir nicht. Berni und ich japsen nach Luft und benötigen etwa eine Stunde für den Aufstieg. Unterwegs erklärt uns unser Guide, dass die Schmetterlinge durch ihre Zeichnung auf den Flügeln ihre Kolonie erkennen können, wenn sie sich zu ihrer großen Reise sammeln. Denn jede Population fliegt separat und hat ihren eigenen Überwinterungsplatz. Nebenbei hilft sie auch den Biologen die Herkunft der Falter zu bestimmen.

El Rosario ist der Friedhof der Monarchfalter

Unser Führer hebt einen toten Schmetterling vom Weg auf und setzt ihn zurück in den Wald. Das Mitnehmen ist nicht gestattet. Ich käme gar nicht auf die Idee, aber auf dem Rückweg erwischen wir tatsächlich eine Touristin, die dieses Souvenir bereits in ihrer Handtasche verschwinden lässt. Raúl erklärt uns, dass für nahezu alle männlichen Tiere die Reise hier endet. Im März ist der gesamt Waldboden von toten Schmetterlingsmännern übersät.

Die lange Reise

Nur die befruchteten Weibchen ziehen im März weiter. Sie legen ihre Eier in Texas ab. Für die jungen Raupen sind die Bedingungen dort besser. Aber die meisten ihrer Mütter erliegen nun den Strapazen ihrer langen Reise. Nur etwa 5% schafft den Weiterflug. Die neue Generation schlüpft von Ende April bis Anfang Juni. Sie zieht es in die Heimat ihrer Vorfahren: An die großen Seen von Nordamerika. Ins Land der Seidenpflanzen. Dort legen sie wiederum ihre Eier an. Die jungen Raupen sind gefräßig und die Wachsperiode der Seidenpflanze begrenzt. Weiterziehen ist angesagt. Die neuen Schmetterlinge fliegen nach New Brunswick, Novia Scotiabank und den Osten von Neuseeland. Dort entsteht die dritte Generation. Diese Spätsommerpopulation entflieht der anrückenden kanadischen Kälte und macht sich im September auf den Weg in die Sierra Nevada. Ins ferne Mexiko. Um dort auf 3200 Metern Höhe zu überwintern. 

Überwinterung

Etwa 30 Überwinterungskolonien verteilen sich auf neun getrennte Vulkanmassive. Sie befinden sich zwischen 70 und 170 Kilometer von Mexiko City entfernt. Dort suchen sich die Monarchfalter windgeschützte Bäume aus und bilden ganze Trauben von Schmetterlingen. Sie schützen sich dadurch vor der Kälte. Wenn die Sonne scheint, werden sie munter. Sie trinken und fressen etwas und suchen sich neue windgeschützte Bäume.

Wie schafft es diese 3. Generation den Weg ins Winterquartier zu finden? Ihr Geburtsort liegt im Osten Nordamerikas. Wer weist ihnen den Weg ins mehrere tausend Kilometer entfernte Mexiko ?

Magnetismus 

Lange nahmen die Wissenschaftler an, dass die Monarchfalter den Sonnenstand als Kompass zum Navigieren verwenden. Wie das genau funktioniert, wußte man nicht. Frei nach dem Motto: Besser eine halbe Antwort als keine Antwort. 
Bis man beobachtete, dass die Falter auch bei bedecktem Himmel fliegen. 2014 haben US-Forscher in einem Experiment bewiesen, dass die Monarchfalter wie Zugvögel oder Wasserschildkröten die Erdmagnetlinien erspüren können und sich nach ihnen richten. Rätsel gelöst? Nicht ganz. Die Forscher konnten ihre Probanden geradezu im Kreis herumführen. Solange ein wenig Licht zur Verfügung stand. Wie sie sich im Dunkeln zurechtfinden liegt noch – im Dunkeln!

Schmetterlingszentrum El Rosario

Berni und ich stehen auf einer windgeschützten Waldlichtung im Monarch Zentrum El Rosario. Die Sonne scheint und Millionen von Schmetterlingen schweben durch die Luft. Mir kommt das Märchen Die Sterntaler in den Sinn: „Auf einmal fielen die Sterne vom Himmel und es waren lauter -Schmetterlinge-.“