Deutsche Auswanderer in Canada

„Polizeikontrolle! Ihre Papiere bitte!“, der Mann schaut uns durch unser offenes Autofenster erwartungsvoll an. Er trägt zivil und sieht eigentlich nicht nach Polizei aus. Vielleicht ein Ranger? Ich schaue nach seinem Auto …

Wir kommen vom Lake James, einem Bergsee in der Nähe von Kelowna. Dort übernachteten wir in einer Recreation Site. Das sind oft kostenlose Stellplätze mitten in der Natur. Wunderschön gelegene Plätze in völliger Einsamkeit. Während in Kelowna frühlingshafte Temperaturen herrschten, lag auf dem See noch eine weiße Eisschicht. Schneematsch unter dem sich große Schlaglöcher verbargen, beschwerten die 15 km lange Anfahrt. Keine leichte Strecke für unseren Postbully. Der Gedanke an den Rückweg kostete Berni eine schlaflose Nacht. Kein Internetempfang weit und breit. Ein Liegenbleiben wäre … na ja, ungünstig.

Trotz traumhafter Lage, möchte Berni am Morgen zeitig aufbrechen, weil, man weiss ja nie. 40 Minuten später sind wir bereits auf der Asphaltstraße: Er hat unseren Bus sicher – über und um – sämtliche Gefahren gelenkt. Und nun das. Polizeikontrolle. Wundern würde mich das nicht. Der Bus sieht aus, wie einmal durch den Schlamm gezogen, aber soweit wir es feststellen können, ist alles heil geblieben.

Es ist ein roter Mitsubishi. Nein, auch kein Ranger. Moment … -Polizeikontrolle- das war doch auf deutsch?! Da sehe ich den Schalk in seinen Augen. Berni grinst bereits. 

„Ja, wo kommt ihr denn her?“, lacht der Mann, nachdem er registrierte, dass ich ihm endlich auf die Schliche gekommen bin. „Sieht man nicht so oft, nen Postbus hier…“

Katrin und Hartmut

Er betreibt mit seiner Frau eine Bed & Breakfeast Pension, keine 5 Minuten von hier, berichtet er auf unsere Gegenfrage. Und da kommt mir so eine Idee… Ob wir auf seinem Gelände unseren Postbus abstellen dürfen? Wir bezahlen ihm natürlich etwas.

„Ja, klar! Platz ist genug da. Bezahlen? Kommt gar nicht in Frage …!“ entrüstet er sich. „Wir freuen uns mal wieder deutsch zu reden und überhaupt… 

Hagebuttenwein und selbstbebrautes Bier

Am Abend sitzen wir in seinem gemütlichen Haus am offenen Kamin. Es liegt traumhaft in den Bergen von Kelowna. Vom Postbus aus haben wir einen tollen Ausblick über die Hügel bis zum See. Bei Hagebuttenwein und selbstgebrauten Bier erzählen sie uns ihre Geschichte.

2005 waren die Beiden zum ersten Mal in Canada und verliebten sich in das Land. Wieder in Deutschland reifte die Idee. Ihre Kinder (29 und 33 Jahre) waren schon längst aus dem Haus, beruflich gut versorgt … Auswandern? Warum eigentlich nicht? Im Frühjahr 2008 erfolgte der zweite begeisterte Canada Besuch. Damals wohnten sie in einer Bed & Beakfast Pension in Peachland, die von einem Deutschen betrieben wird. Er vermittelt und berät Auswanderwillige. 

Das war vor 10 Jahren. Hartmut betrieb in Görlitz eine gutgehende Fahrschule, Katrin war ursprünglich in der Gastronomie tätig. Seine Idee eine Fahrschule in Canada zu gründen, mußte verworfen werden. Die Canadier brauchen keine Fahrschule zu absolvieren. Die Kids üben mit den Eltern das Autofahren. Es genügt eine abschließende Prüfung. Aber Fachkräfte in der Hotelbranche wurden gesucht.

Sie hätten immer Glück gehabt, erzählen sie. Manchmal war es wie eine Fügung: Das beste Hotel in Kelowna suchte damals händeringend Personal. Sie erhielten beide eine Stelle. Das ist Voraussetzung um überhaupt einen Auswanderantrag zu stellen. Dann ging alles recht schnell. Kaum war der Antrag bewilligt, mußte Haus und Firma verkauft werden. Und auch hier war das Glück stets auf ihrer Seite. Ende 2008 bestiegen sie den Flieger. 

Sie ließen fast alles zurück. 

Es sollte ein Neuanfang werden. Zunächst wohnten sie in der Bed & Breakfast Pension ihres Freundes, dann fanden sie eine schöne Mietwohnung und vor ein paar Jahren kauften sie das Haus. Es war Liebe auf den ersten Blick. Zudem bietet es ihnen die Möglichkeit Feriengäste aufzunehmen. Eine zusätzliche Einnahmequelle speziell im Hinblick auf die Rentenzeit. Die soziale Absicherung in Canada sei nicht so prickelnd, sagen sie. Es ist gut sich ab 65 auf die deutsche Rente stützen zu können.

Katrin und Hartmut arbeiten immer noch im besten Hotel der Stadt. Dort, wo andere Urlaub machen, sagt Hartmut verschmitzt. Er ist Hausmeister und wird von seinem Chef und den Kollegen wegen seiner technischen Fähigkeiten und der deutschen Zuverlässigkeit hoch geschätzt. Ihre Arbeitszeiten sind aufeinander abgestimmt, so dass die Feriengäste im Sommer gut betreut werden können. Es geht ihnen gut. Sie haben etwas erreicht.

Es wird eine lange Nacht. Um 2:30 Uhr fallen wir vom Haus in den Postbus.
Das war vor 3 Tagen. Wir sind immer noch hier. 

Natürlich scheuen wir den Weg in die schneebedeckten Rockies. Das Okanagan Tal verwöhnt uns indes mit angenehmen Temperaturen. Es ist Ostern und alle Campingplätze sind überfüllt. Aber es ist vorallem die Gastfreundlichkeit von Katrin und Hartmut…