Am 20. Februar 1943 brach der Vulcan Paricutin (2800m) aus. Er begrub unter seinen Lavamassen gleich mehrere Siedlungen. Fast 5000 Menschen mussten damals ihre Häuser verlassen. Der Ausbruch errang internationales Aufsehen. Ein kompletter Landstrich wurde dem Erdboden gleichgemacht. Fast. Eine Kirche trotzte der Naturgewalt. Und noch drei weitere Jahre hielt sie den Eruptionen stand. Sie hat gelitten. Ohne Frage. Das Mittelschiff ist eingestürzt und ihre erste Etage ist unter Lavamasse begraben, aber ihr Kirchturm ragt wir die Hand Gottes aus der verwüsteten Landschaft. Von ihren Schäfchen ist derweil nichts geblieben.
Der versunkene Kirchturm
Berni und ich sind auf dem Weg zu diesem versunkenen Kirchturm. Unser Campingplatz liegt beim Mirador (Aussichtspunkt) am Ortsausgang von Angahuan. Der Weg geht steil bergab. Die Einheimischen bieten die Tour auf dem Rücken der Pferde an. Doch 2,3 Kilometer können wir bequem zu Fuß gehen. Sollte man annehmen. Leider ist der einst gut angelegte Weg durch die Pferde und/oder Starkregen völlig desolat. Wir sind in Sandalen unterwegs, das stellt sich als Fehler heraus. Bald erreichen wir die ersten Lavafelder und können den einsamen Kirchturm gut erkennen. Er muss genau untersucht werden.
Hoch zu Ross zum Vulcan Paricutin
Wir sind neugierig auf den Vulkan. Ein Wanderweg führt über sechs Kilometer hoch hinauf zu seinem Krater. Wir nehmen das Angebot eines Guides und seinen zwei Pferden in Anspruch. Die Tour dauert etwa 6 Stunden. Wie lange würde der Weg dann zu Fuß dauern? Die Strecke lässt sich sicher bequemer reiten. Auch, wenn Berni noch nie geritten ist, und meine letzten Reitstunden Jahre zurückliegen. Um neun Uhr am Morgen werden wir von unserem Führer Louis abgeholt. Für uns hat er den hellbraunen Hengst Cappuccino und die dunkle Stute Caterina mitgebracht.
Cappuccino und Caterina
Es sind tolle Pferde. Cappuccino gehorcht auf das leiseste Zeichen von mir. Obwohl er westernmäßig (also mit einer Hand) geritten wird und mit einem Holzsattel ausgestattet ist. Leider sind sich die beiden Pferde um ihrer Führungsrolle nicht einig. Cappuccino, als Leithengst, möchte unseren kleinen Trupp anführen. Caterina als Leitstute ebenfalls. Da wird jede Gelegenheit genutzt zu überholen oder in einem kurzen Sprint den anderen zu überlisten. Es ist schön, das Gerangel zu beobachten und wir lassen den Tieren ihre Neckerei. Reiten ist schön und macht riesig Spaß. Etwa eine Stunde lang. Dann spüren wir unsere Oberschenkel und die Sitzbeinknochen.
Nach zwei Stunden nähern wir uns dem Vulkan. Nun wird es auch für die Pferde anstrengend. Stellenweise sinken sie tief in den grauen Sand ein oder es geht über lose Geröllfelder.
Der Krater des Vulcan Paricutin
Etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels steigen wir o-beinig ab. Die Knie und die Oberschenkel schmerzen bei jedem Schritt. Louis gönnt uns eine kurze Pause, dann geht es zum Aufstieg. Der Weg schlängelt sich durch scharfkantige Lavabrocken, bis er vor den letzten Höhenmetern in loses Sand- und Gesteinsgemisch übergeht. Wir befinden uns bereits auf 2700 m. Der Sauerstoff wird knapp. Nur so kann ich es mir erklären, dass wir schnaufen wie Lokomotiven. Jeder Schritt ist eine Qual. Mehr rutschend wie wandernd bewegen wir uns Richtung Gipfel. Aus den Lavabrocken dampft es. Hatten wir mit dem Gedanken einer Kraterumrundung gespielt, verwerfen wir ihn. Es ist zu anstrengend!
Hinunter geht es deutlich schneller: Wir hüpfen über ein 100 meterlanges Lavafeld direkt zum Ausgangspunkt zurück.
Reiten ist schön, oder nicht?
Reiten ist schön. Wenn man es regelmäßig betreibt und auf einem bequemen Ledersattel sitzt. Schon beim Aufsitzen melden sich wieder meine beiden Sitzbeinhöcker. Berni, im Reiten gänzlich unerfahren, plumst beim Trapp ebenfalls auf sehr empfindliche Teile. Er stöhnt hinter mir. Nein, wir haben nun keinen Sinn mehr für das Gerangel unserer Pferde. Jetzt wir schön brav im Schritt gelaufen. Vier Stunden im Holzsattel sowie eine Kraterbesteigung ist eine Herausforderung für unseren Körper und unsere Kondition.
Wir stolpern von den Pferden unter die Dusche, da wir von dem Lavasand schwarz paniert sind und dann wird erst einmal im Postbus ausgeruht. Heute bewegen wir uns keinen Schritt mehr. Und morgen? Wer weiß.