Blinde Passagiere, Playa Agua Caliente, La Ventana, BC

Nach unserem Sandabenteuer fallen Berni und ich förmlich ins Bett. Es war ein Wechselbad der Gefühle gewesen: zwischen hoffen und bangen. Die Nacht machte die Sache nicht besser. Wir sind müde.

Blinde Passagiere 

Es dauert nicht lange, da höre ich kleine Trippelfüßchen direkt über meinem Kopf. Ein Vogel? Berni schlägt mit der Faust auf den Dachhimmel unseres Postbusses. Eine kurze Irritation erfolgt, dann huschen die Trippelfüßchen weiter. Irgendein Tier sucht unser Autodach ab. Berni steigt aus dem Auto und leuchtet  mit der Stirnlampe unser Auto an: Nichts! Das Tier muss sich im Auto befinden!

Eine Maus

Berni wäre nicht Berni, wenn er in dieser Situation nicht völlig ruhig bliebe. Er erklärt mir, dass das nur eine Maus sein könne, die sich in der Karosserie des Autos aufhalte. Niemals würde sie in unseren Innenraum gelangen können. Vermutlich sei sie irgendwie in den Bus gelangt, als wir im Sand auflagen. „Wenn wir den Bus morgenfrüh starten,“, so seine Annahme, „wird sie den Bus verlassen!“. Dann dreht er sich um, um seelenruhig zu schlafen. 

Die erste schlaflose Nacht

Unsere Maus schläft die ganze Nacht nicht. Ich klopfe mehrere Male gegen die Fahrzeugholmen – das beeindruckt sie keiner Weise. Ich mache die ganze Nacht kein Auge zu! Am Morgen sind wir beide gleichermaßen erschöpft, von der Maus ist nichts mehr zu hören! Vielleicht hat sie einen Ausgang gefunden? Berni ist davon überzeugt!

Playa Agua Caliente

Am Morgen besucht uns der Amerikaner, der unseren Postbus aus dem losen Sand zog. Er ist nüchtern und lädt uns ein, auf seinem Grundstück zu campen. Es ist eines der Ferienhäuser in der Nähe. Das ist nett.  Wir fahren dennoch weiter zum Playa Agua Caliente. Das ist ein Strand, in den ein heißer Fluss mündet. Den Fluss sieht man nicht mehr. Er verläuft unterirdisch. Aber sein heißes Wasser fließt durch den groben Kies Richtung Meer. Mit den Steinen kann man kleine Thermalbecken formen. Es wird von allen Seiten gegraben, verlegt und geschaufelt. Aber Vorsicht! Das Wasser ist so heiß, dass man sich verbrüht. Wir müssen es mit Meerwasser kühlen. Ein Thermalbad direkt am Meer! Das hatten wir noch nicht!

Die Umgebung ist ebenfalls sehr interessant, sodass wir am Abend ziemlich müde sind.

Die zweite schlaflose Nacht in Playa Agua Caliente

Kaum fallen wir ins Bett, ertönen unsere Trippelschrittchen! Das darf doch nicht wahr sein! Ich schaue Berni anklagend an! Mein Mann verspricht, sich des Problems -morgen- anzunehmen! Unter unserem Dach geht es derweil zu wie auf einer Rennbahn. So kann es nicht weitergehen! Berni leuchtet notgedrungen mit seiner Stirnlampe den Innenraum ab und findet ein hellbraunes Mäuschen unter dem Fahrersitz. Er öffnet in sekundenschnelle die Tür und befördert das kleine Tier nach draußen. Das ist gekonnt! Ich bewundere meinen Mann für seinen beherzten Einsatz! Beruhigt legen wir uns wieder ins Bett. Dummerweise geht das Getrippel weiter! Zudem fängt es an zu regnen. Seit Wochen das erste Mal. Die Regentropfen hören sich ziemlich ähnlich an! 

Mausefalle 

Am Morgen kaufen wir im  nächsten Dorf zwei Mausefallen. Ich bin gegen das Töten von Tieren. Selbst wenn es sich um eine Maus handelt. Aber ich sehe ein, dass der Rausschmiss nicht oder nur sehr schwer ein zweites Mal funktionieren wird. 
Am Abend bestücken wir beide Fallen mit Salami und Nutella. Wir deportieren sie an geeigneten Stellen. Eine halbe Stunde später schnappt die erste Falle zu. Es hat den Partner unserer hellbraunen Maus erwischt. Fast tut er mir leid. Die zweite Falle vergessen wir. Bis es plötzlich während unseres Abendessens „Klack“ macht! Eine dritte Maus bezahlt ihre Esslust mit dem Leben! 

Die dritte Nacht in Playa Agua Caliente

Die beiden Mausefallen stehen noch die ganze Nacht ohne auszulösen. Die Trippelfüßchen sind nicht mehr aufgetaucht. Vielleicht hätten wir sie vor Übermüdung auch nicht mehr gehört! Wir schlafen tief und fest!

Zwei Tage später in La Paz

Berni und ich sitzen beim Abendessen, als es in der Besteckschublade neben mir verdächtig raschelt. Ehe ich realisieren kann, um was es sich handelt, löst Berni die Schublade aus ihrer Halterung und hechtet mit ihr nach draußen. Maus Nummer vier rettet sich ins Freie! Ich bin schockiert: Wie viele Mäuse leben noch unter unserem Dach? 
Selbstredend ist es mit meiner Nachtruhe vorbei. Ich bin ehrlich, hätten wir ein Zelt dabei, wäre ich spätestens jetzt ausgezogen! Mitten in Nacht höre ich Trippelfüßchen direkt über oder unter meinem Kopf. Ich wecke Berni. Er untersucht im Schein der Taschenlampe unsere Lebensmittelkiste. Und tatsächlich fühlt sich ein weiteres Mäuschen durch Berni bei seinem Abendessen gestört! Es flüchtet leider in den Bus zurück. Es hilft nichts! Die Mausefalle muss wieder her. 

Salami als Leckerbissen 

Am frühen Morgen bezahlt Maus Nummer fünf ihre Esslust ebenfalls mit ihrem Leben.  Wir bestücken die Mausefallen mit weiterer Salami. 
Bis jetzt ist Ruhe. Die Mäuseinvasion scheint gestoppt. Sicherheitshalber will ich mir bei Gelegenheit ein Zelt kaufen …