Mexiko ist ein Land der Gegensätze. Das muss an dieser Stelle gesagt werden. Es ist mir ein Anliegen. Seit Mitte November 2021 reisen wir mit unserem VW-Bus durch das Land. Die Halbinsel Yucatán kennen wir inzwischen gut. Es ist ein Land mit einer faszinierenden Geschichte, einer grandiosen Natur und freundlichen Menschen. Aber es ist auch völlig verdreckt, erschreckend arm.
Bildung
Es gibt Schulen und Universitäten in ganz Mexiko. Das Niveau kann ich nicht beurteilen. Wir lernten durch die Familie des deutschen Konsuls von Veracruz Menschen kennen, die uns in Europa in Punkto Bildung mit Sicherheit das Wasser reichen können. Sie leben ähnlich und beschäftigen sich mit den gleichen Themen wie wir. Aber die Mehrheit ist es nicht. In Mexiko gibt es eine Schulpflicht. Jeder jüngere Mensch kann rechnen und schreiben. Aber viel mehr oft nicht. Für einfache Rechnungen wird der Taschenrechner auf dem Handy zu Rate gezogen. Einfach zur Sicherheit. Ein Maya Mädchen fragte mich einmal nach der Uhrzeit und ich zeigte auf meine Armbanduhr. Sie war nicht in der Lage die Uhrzeit abzulesen. Da fiel erst mir auf, dass die meisten Mexikaner keine Armbanduhr tragen. Richten sie sich nach dem Sonnenstand? Das war einmal. Heute dient das Handy für nahezu alles.
Müll
Wir fotografieren immer nur die Highlight, denn es ist beschämend: Fast vor und hinter jedem Dorf befindet sich eine oder mehrere illegale Mülldeponien. Da landet der Müll, der nicht hinter dem Haus verbannt werden kann. Denn das ist eine gängige Methode in den Dörfern. Aber auch, wenn der Hausmüll doch auf einer offiziellen Mülldeponie landet, dann brennt die ganze Mülldeponie. Ohne Müllsortierung und irgendwelchen Abgasfilter. Vielleicht gibt umweltverträglich Müllverbrennungsanlagen. Aber wir haben noch keine gesehen. Natürlich gibt es eine Müllabfuhr. Aber die Straßen sind oft erbärmlich schlecht. Auf dem Land sind die Dorfstraßen nicht einmal asphaltiert. Viel zu eng oder zu winklig. Sie kommt dann eben selten. Derweil muss man ja etwas tun. Denn die streunenden Hunde und das Ungeziefer warten schon.
Es dauert bis die Gewohnheiten sich ändern
Wir erlebten, wie Kinder im Fluss stehend Chips aßen. Die Tüte fanden wir flußabwärts wieder und fischten sie aus dem Wasser. Unsere Zufallsbekanntschaft lud uns zu einer Dose Bier ein. Der Abend wurde lang und es wurden ein paar mehr. Und obwohl der Mexikaner, ein ehemaliger Lehrer ist, landete jede seiner Dosen in einem Weitwurf an Strand. Wir sammelten sie am nächsten Morgen wieder ein. Nur wohin damit? Mülleimer sind Mangelware. Ausgerechnet im ärmsten Bundesstaat von ganz Mexiko in Chiapas spüren wir Bemühungen der Wegwerfmentalität Herr zu werden. In Chiapas stehen überall Schilder: Müllabladen verboten. Auch wenn diese nicht immer befolgt werden. Überrascht waren wir von einem kleinen Ort in der Selva Lacadona. Das ist eine Urwaldregion im Osten von Chiapas. Jeden 1. bis 3. des Monats wird das Dorf aufgeräumt. Am 4. Tag erfolgt eine Begehung und wessen Anwesen nicht sauber ist wird verwarnt. Das Dorf war blitzsauber…
Eco Tourismus
Die Schritte sind klein und die Namen groß. Eco Tourismus, das klingt vielversprechend. Es bedeutet, dass das Abwasser in einer Sickergrube aufgefangen. Wo es ansonsten landet, weiß ich nicht. Es gibt auf dem Land keine Kanalisation. Das ist die bittere Realität.
Trinkwasser
Wo soviel Unrat im Grundwasser landet, ist das Trinkwasser nicht mehr bedenkenlos zu trinken. Es wird aufgearbeitet und in Plastikflaschen verkauft. Es kostet nicht viel Geld, schafft aber Abhängigkeiten.
Leben im Hier und Jetzt
Der einfache Mexikaner lebt im Hier und Jetzt. Das ist einerseits gut, andererseits schlecht. Wir Deutschen vermissen hier den Blick in die Zukunft, das Vorsorgetreffen und das Absichern nach allen Seiten. Das wiederum knechtet uns an unsere Arbeit und die Banken. Wieviel Zeit bleibt uns eigentlich noch für einander? Jeder der in Mexiko eine Firma gründet erlebt sein blaues Wunder. Die Mitarbeiter seien unzuverlässig, heißt es. Warum? Weil der Mexikaner genau weiß, wieviel Geld er braucht. Ist sein Soll erreicht, arbeitet er bis zum nächsten Monat nicht mehr. Es gibt schließlich wichtigeres zu tun. Zum Beispiel am eigenen Haus weiterzubauen oder mit der Familie zu feiern.
Armut
Es gibt arme Menschen in Mexiko, aber kaum Bettler. Die meisten sind weitestgehend Selbstversorger und kreativ. Viele verkaufen etwas am Straßenrand. Das können Süßwaren, Obst, Bocadillos (belegte Brötchen) oder Zeitungen sein. Andere putzen die Schuhe. In den Großstädten werden die Autoscheiben für ein paar Pesos geputzt oder Kunststücke aufgeführt. Manche verkleiden sich als Spider Man oder Maya Priester und lassen sich mit den Touristen fotografieren. Wieder andere musizieren in den Restaurant an den Tischen.
Kriminalität
Dazu können wir nicht viel sagen. Unser Postbus wirkt erst einmal sympathisch. Unser Hund Johnny öffnet uns viele Türen, aber er hält uns auch mögliche Gelegenheitsdiebe vom Laib. Keiner kann sich unserem Bus nähern ohne, dass er lauthals Alarm schlägt. Und wir sind Deutsche. Die sind beliebt. Wir stehen überwiegend auf Campingplätzen und sind bei Anbruch der Dunkelheit an unserem Zielort. Wir wurden noch nie angehalten oder bestohlen. Aber es soll vorkommen. Besonders die Amerikaner sind beliebte Opfer.
Armes reiches Mexiko
Die Halbinsel Yucatán ist ein wunderschönes Land. Man muss sich nur die Bilder in unserem Blog anschauen. Es könnte ein Paradies sein, wenn wir uns weltweit einsetzen würden mit dem Plastikmüll und den Hinterlassenschaften der Menschen fertig zu werden. Denn es ist in Südamerika, Afrika und Asien nicht anders. Wir ersticken im Müll. Ob unsere Heizung in Deutschland den neuesten Richtlinien entspricht, spielt dabei überhaupt keine Rolle.