Nie wieder Sandpiste, Playa Bahia Turquesa, La Ventana, BC

Es ist stockdunkel. Berni kniet vor unserem Postbus und schaufelt im Schein seiner Stirnlampe den Sand unter seinen Reifen frei. Wir sitzen auf einer Sandpiste fest. Schon wieder. Es ist das vierte Mal innerhalb der letzten vierzehn Tage.

Bahrain de los Muertos

Heute Nachmittag paddelten wir am Bahrain de los Muertos. Dort ist ein Strandzugang für Fischerboote und ein kleines Restaurant. Mit 60 Kilometern Entfernung von La Paz ist es ein beliebtes Freizeitziel. Am Sonntag ist einiges los. Das störte uns nicht, da wir in unseren Kajaks die Küstenlinie abpaddelten. Wir entdeckten wunderschöne Korallenriffs. Die Fische konnten wir sogar vom Boot aus erkennen, das Wasser ist kristallklar. Ins Wasser trauten wir uns derweil nicht. Es war uns zu kühl. Wir vergasen die Zeit und kamen erst gegen Spätnachmittag zurück.

Vorsicht mit einer Sandpiste …

Einige mexikanische Auto standen noch am Strand: Die Türen sperrangelweit auf und die Musikanlage auf Hochtouren. Vor unserer Kajaktour planten wir hier zu übernachten, nun verwarfen wir den Gedanken wieder. Warum nicht einen anderen Strand nehmen? Auf der Baja California ist das möglich. Unserer iOverlander App zeigt uns Alternativen auf. Wir starteten zum nächsten Beach, dem Playa Bahia Turquesa. 

Festgefahren 

Es dämmerte bereits. Google maps drückte sich unklar aus und wir wussten nicht so genau, wo wir uns eigentlich befanden. Plötzlich tat es einen Schlag und wir saßen fest. Erschrocken sahen wir uns an! Eben noch bestand die Straße (oder besser der Weg) aus griffigem festen Untergrund. Berni begutachtete die Lage: Mit Schwung hatte unser Postbus die ersten 20 Meter gemeistert und dann aufgegeben. Wir befinden uns direkt an einem sandigen Strandzugang. Ironischerweise hätte es genau vor 20 Metern einen festen Parkplatz und Wendemöglichkeit gegeben! 

Freischaufeln 

Im Freischaufeln sind wir inzwischen geübt, aber diesmal erweist sich der Sand als zu tief: Unser Postbus gräbt sich immer tiefer ein. Die Deutsche Post liefert ihre Wagen nur im 2-Rad Antrieb aus. Mehr wird in Deutschland nicht benötigt. Im Schein der Taschenlampen suchen wir die Gegend ab und finden Betonreste in etwa 50 Meter Entfernung bei einem verlassenen Ferienhaus. Der Plan ist, unserem Postbus den Weg mehr oder weniger zu pflastern. 

Pflastern

Wir stolpern etliche Male schwer bepackt mit Betonresten durch die Dunkelheit. Berni gräbt die Steine entsprechend der Fahrbahn ein. Er startet den Motor, ich schiebe und der Postbus begräbt unsere Steine unter sich, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Das Ganze wiederholen wir etwa dreimal, bis Berni aufgibt. Inzwischen versinkt unser Bus bis unter die Achseln im Sand. Es ist stockdunkel und wir sind fernab jeglicher Behausung. Mit Ausnahme einiger Ferienhäuser, die allesamt verlassen wirken. Plötzlich sehen wir in der Dunkelheit zwei Lichter, die sich uns nähern. Berni gibt mit seiner Stirnlampe Leuchtsignale. 

Unser Rettungskommando

Es ist ein Strandbuggy. Darauf sitzt ein älterer Mexikaner. Er ist sturzbetrunken! Unter vielen „Oh“ und „Oje“ betrachtet er den mitleiderregenden Zustand unseres Postbusses. Er schüttelt den Kopf. Das ist ein Fall für seinem Freund, der hat ein Auto, das uns herausziehen kann. In 5 Minuten wäre er wieder da. Ist das in Ordnung? Ja, sicher. Aber wir hegen deutliche Zweifel. Moralisch richten wir uns auf eine festgefahrene Nacht ein. Kurz darauf erscheinen vier Lichter: Unser bekanntes Strandbuggy und ein PKW. Der Freund des Mexikaners ist ein Amerikaner, der mindestens genauso betrunken ist! 

Plan A 

Was dann erfolgt, ist filmreif. Trotz ihres Zustandes haben die beiden alles dabei, was nötig ist, um einen Plan A und einen Plan B auszuführen. Der Mexikaner ist der Chef der Aktion. Er verbindet umständlich, aber gekonnt, die beiden Fahrzeuge mit einem langen, doppelt gelegten Hanfseil. Als das nicht ausreicht, liefert der Amerikaner aus seinem Fundus die Verlängerung. Dann weist der Mexikaner die beiden Fahrer ein. Mit einer ebenfalls mitgebrachten starken Taschenlampe wird in der Dunkelheit kommuniziert. Aber dieser Plan funktioniert nicht. Unser Postbus schafft es nicht aus seinem selbstgeschaufelten Loch.

Plan B

Nun muss schweres Gerät aufgefahren werden. Wir stolpern zum Wagen des Amerikaners zurück. Die beiden haben einen hydraulischen Wagenheber der Größe XL mitgebracht. Wir bocken die Front des Postbusses auf den Wagenheber. Der Mexikaner weist seine Handlanger auf ihre Positionen. Und dann zieht der Amerikaner den Postbus vom Wagenheber herab aus dem Sand. Quasi vom Sprungbrett aus! Es funktioniert! Der Postbus erreicht wieder festen Boden unter seinen Reifen! Wir fallen unserer betrunkenen Zufallsbekanntschaft um den Hals! Der Mexikaner ist unser Held. 
Wir haben kein Bier an Bord, aber wir drücken den beiden ein bisschen Geld in die Hand. Damit sie unsere Rettung gebührend feiern können …!

Nie wieder Sandpiste

Heute Nacht übernachten wir auf dem kleinen Parkplatz vor dem Strandzugang. Wir fahren keinen Meter mehr weiter und schwören uns: Nie wieder eine Sandpiste zu fahren! Erschöpft sinken wir in unser Bett und ahnen noch nicht, dass dieses Malheuer uns unliebsame Gäste beschert hat. Doch davon mehr im nächsten Bericht!