Berni startet den Motor. Laura, unsere Reisebekanntschaft, und ich sitzen im Auto und geben keinen Mucks von uns. Wir sehen die Anspannung in Bernis Gesicht. Er gibt Gas. Es ist wichtig Anlauf zu nehmen. Die groben Schottersteine knirschen und prallen seitlich ab. Es sieht gut aus. Aber der Steilhang will kein Ende nehmen. Die Räder drehen durch. Rauch quillt zwischen den Vorderreifen hoch.
Keine Chance! Berni bricht ab. Wir lassen uns auf den kleinen Parkplatz am Rio Estero Ganada zurückrollen.
Was tun?
Wir brauchen Hilfe in Form eines Wagens mit 4×4 Antrieb und einem Abschleppseil. Mit viel Verkehr ist nicht zu rechnen, denn die Schotterpiste führt in die Mangoven.
Schlimmer geht immer
Unweit der Parkbucht sehen wir ein Haus. Vielleicht ist jemand zuhause. Laura und ich machen uns auf den Weg. Wir folgen der unbefestigten Auffahrt zum Haus und rufen: “Hola? Hola?“. Unsere Rufe werden von drei Hunden gehört. Sie stürzen aggressiv bellend die Einfahrt hinunter. Straßenhunde kann man mit Größe und Lärm beeindrucken, deutsche Schäferhunde nicht! Sie sind an einer Kette angebunden, doch wo endet sie? Ich entscheide mich rückwärts gehend zum Rückzug und stolpere über einen Stein. Mein Handgelenk verdreht sich, mein Kreuz schlägt hart auf Steinen auf. Augenblick geht mein Kreislauf in die Knie. Mir wird schlecht. Hinter meinen Augen flimmert es. Auf Laura gestützt schaffe ich es zum Postbus zurück. Ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen. Die einzige Person, die einigermaßen spanisch spricht!
Ohne Abschleppseil sind wir verloren.
Ein vollbeladenes Auto nähert sich uns. Laura und Berni halten es an. Der Fahrer wohnt im Tal. Er möchte uns gerne helfen, aber er hat kein Abschleppseil und sein Auto schafft es nicht den Postbus den Berg hochzuziehen. Der nächste Wagen nähert sich. Er hat einen 4×4 Antrieb, aber kein Abschleppseil. Wir auch nicht. In der Not versuchen wir es mit den Spanngurten für unser Kajak. Das ist keine gute Idee. Es reist bei der ersten Belastung. Beide Fahrer verabschieden sich bedauernd. Bald wird die Sonne untergehen und wir haben weder Lösung noch Idee. Laura bietet an, die 2,5 Kilometer zum Campingplatz zu laufen um ihren Mietwagen zu holen. Er hat einen 4×4 Antrieb. Vielleicht befindet sich darin auch ein Abschleppseil? Es ist unsere einzige Chance.
Es geht immer weiter. Irgendwie.
Berni hält die Stellung. Ich liege derweil unter Schmerzen flach im Postbus. Nach 10 Minuten hören wir zwei Autos. Berni springt förmlich auf die Straße und hält sie an. In einem Wagen sitzt: Laura! Sie hielt die beiden bereits auf ihrem Weg zum Campingplatz an. Beide Fahrzeuge sind mit Kind und Kegel auf dem Weg nach Hause. Sie sprechen sich kurz untereinander ab, dann steigt der Fahrer des leistungsstärkeren Autos aus und öffnet seinen Kofferraum. Er holt ein breites Abschleppband heraus. In diesem Moment halte ich ihn für einen Engel!
Eine gute Tat
Ohne seine Hilfe hätten wir den Hang nicht geschafft! Ich falle ihm humpelnd um den Hals! Berni gibt ihm dankend sein Abschleppband zurück. „Nein, nein“, sagt er, „behaltet es, ich habe noch mehr davon …“. Berni zückt seine Geldbeutel. Aber der Costa Ricaner weigert sich das Geld anzunehmen. „Zur Erinnerung“, meint er, dreht sich um und fährt von dannen! Wir werden die Tat mit Sicherheit nie vergessen!
Wir brauchen einen Arzt
Die Sonne geht gerade unter, als wir den Campingplatz Ganadito Bahía Drake wieder erreichen. Ich brauche einen Arzt, aber es ist unmöglich die unbefestigte Straße ins nächste Krankenhaus auf die Westseite in der Nacht zu fahren. Und so beginnt unsere lange Suche nach einem Arzt am nächsten Tag.