Es gibt Dinge, die sind für uns ganz selbstverständlich: Wir können überall alles kaufen. Vielleicht nicht auf dem Land, aber in der nächsten größeren Stadt. Und wenn unser Wunsch nicht vor Ort zu bekommen ist, dann bestellen wir das Produkt eben online. Zum Beispiel bei Amazon. Das funktioniert auch auf Reisen. Die Lieferadresse ist dann ein Campingplatz und geliefert wird zum Beispiel über Amazon Mexiko.
Wo bekomme ich eine Kompaktkamera her?
Seit zwei Monate ist Bernis Kamera kaputt. Zum Glück hauchte sie ihren letzten Atemzug am Schluss unserer Reise durch Costa Rica aus. So konnten wir die wichtigsten Tiere des Landes noch fotografisch festhalten. „Ärgerlich, aber kein Problem!“, meinte Berni, „Dann kaufen wir in San José eine Neue!“. In der Hauptstadt wurde wir von einem Profigeschäft ins nächste geschickt: Ohne Erfolg. Hochwertige und kleine Kompaktkameras sind praktisch unbekannt. Eine Spiegelreflexkamera ist uns wiederum zu unhandlich und zu teuer für die Reise.
Amazon liefert nicht nach Zentralamerika
Nach der zeitaufwendigen und erfolglosen Suche durch das Verkehrschaos in San José sind wir bereit über Amazon zu bestellen. Doch was ist das? Amazon liefert nicht nach Zentralamerika. Der Grund liegt in den komplizierten Zollbeschränkungen. Pfiffige Unternehmen in den USA machen daraus ein Geschäft: Wir sollen deren Anschrift als Lieferadresse angeben und die Firma kümmert sich um den Weitertransport inklusive der Zollgebühren. Für unser kleines Paket fielen etwa 50€ mehr Gebühren an und eine zusätzliche Lieferzeit von 3-4 Wochen.
Ganz selbstverständliche Dinge fehlen
Wer denkt, dass das Prozedere nur technische Güter betrifft, der irrt! In La Fortuna trafen wir Reisende aus Deutschland. Die Frau brach sich in Guatemala den Oberschenkelhals und musste in Guatemala City operiert werden. Anschließend sollte sie Krücken tragen. Im Land gibt es lediglich Krücken, die wir aus den Dritte-Welt-Ländern kennen: Sie werden unter die Achseln geklemmt. Ingeborg bestellte sich die europäischen Krücken über Amazon, die sie wiederum über eine Kontaktfirma in den USA zollfertig lieferten. Ich möchte nicht wissen, was sie kosteten!
Zuletzt stirbt die Hoffnung
Uns war der Aufwand zu viel. Für was gibt es Handys? Die machen auch ganz gute Fotos. Doch ohne Zoom können wir viele Tiere nicht festhalten. Ich schaute sehnsüchtig einem Vogel hinterher und dachte: „Das gäbe das beste Foto aller Zeiten. Ganz sicher!“ Natürlich klapperten wir trotzdem alle Fotofachgeschäfte in der Hauptstadt von Nicaragua und Honduras ab – ohne Erfolg!
Am Rio El Cangrejal
Inzwischen sind wir in La Ceiba, Honduras angekommen. Wir möchten Udo besuchen. Wer ist Undo? Dazu mehr im nächsten Beitrag.
Unser Postbus rumpelt auf einer unbefestigten Straße am Rio El Cangrejal entlang. Es fehlen noch knapp drei Kilometer zum Ziel, da entdeckt Berni ein Bimobil, das am Flussufer steht. Diese Art von Reisemobil fahren in der Regel nur Deutsche oder Schweizer. Wir beschließen spontan anzuhalten. Und tatsächlich! Kurz darauf sprechen wir mit Thomas und Christin aus dem Ortskreis Lippe, Nordrhein-Westfalen.
Was für ein Zufall
Wir sind uns auf Anhieb sympathisch und erzählen von unseren Erlebnissen. Zum Beispiel wie schwierig es ist eine simple Kompaktkamera mit hohem Zoom zu erwerben. Thomas spricht laut aus, was er gerade denkt: „Eigentlich wollten wir unsere Sony DSC-HX 99 verkaufen …, oder etwa nicht?“ fragend schaut er seine Frau an. Sie nickt. Die Sony DSC-HX 99 ist die kleinste hochwertige Kamera der Welt mit einem Zeiss Objekt und 30-fachen Zoom. Ich wiederum schaue Berni fragend an. „Was möchtest du dafür haben.“ entgegnet er Thomas. „Die Kamera ist erst ein Jahr alt. Aber sie liegt uns nicht. Wir fotografieren nur noch mit dem Handy … Üblich sind 25% vom Neupreis, richtig?“ Wieder Blicke zu seiner Frau. Berni wiederum schaut mich an.
Ein guter Kauf ganz ohne Amazon
Dann testet er den Winzling, soweit das bei dem Dämmerlicht noch möglich ist. „Sie scheint gut zu sein!“, urteilt er, „Was meinst du? Sollen wir sie kaufen?“. Keine Frage! Berni ohne Kamera ist wie ein Fisch ohne Flossen. Ich nicke. Der Kauf ist schnell getätigt. Wir bezahlen die Kamera mit unseren letzten Dollars. Alle sind zufrieden. „Übernachtet ihr heute hier?“ fragt Thomas „Der Kauf muss begossen werden!“. Damit wäre auch die Übernachtungsfrage geklärt. Udo muss noch warten.
Bei einem sieben Jahre altem Ron de Flor (Nicaraguanischer Rum) begreifen wir langsam den einzigartigen Zufall: Hätten wir nicht spontan angehalten, hätte Berni immer noch keine Kamera!