Weihnachtsfeier vom deutschen Konsulat und dem deutschen Klub Veracruz

Die Einladung zur Weihnachtsfeier

Eines Abends, es ist schon dunkel, fährt vor unserem Ferienhaus ein Auto vor. Wir erwarten um diese Zeit Alan. Er ist 13 Jahre alt und gibt uns einwenig Sprachunterricht. Aber er wurde noch nie von seinen Eltern mit dem Auto gebracht. Weil es nicht notwendig ist. Alan wohnt mit seiner Familie gleich neben der Schranke zum Ferienhausgebiet Verasur. Sie übernehmen die Rolle der Pförtner.

Der deutsche Konsul José Antonio Marquinez Seemann 

Wir hören zwei Autotüren und gleich darauf stehen die Tante von Dulce, sowie der deutsche Konsul von Veracruz vor unserer Tür. Perplex schaue ich die Beiden an. Man muss sich die Situation bildlich vorstellen: Es hat auch am Abend in Veracruz noch 26°C. Berni und ich stehen in Badeshorts und Trägershirts vor einer Frau in steifer Ordenskleidung und einer wichtigen Respektsperson in weißem Hemd. Aber nicht nur das. Unser Tisch ist übersät von Papieren und Stiften, weil wir mit Alan spanisch lernen wollten. Die Küche ist nur halbwegs aufgeräumt und vielleicht hätten wir doch noch den Raum ausfegen sollen? Ich bin nur in der Lage ein buenas noches zu stammeln. Weil wir so nett zu seiner Schwester sind, möchte er uns zur Weihnachtsfeier des deutschen Konsulats und des deutschen Klubs von Veracruz einladen. Und er bietet uns seine Hilfe an, sollten wir sie benötigen. Immer und zu jeder Zeit. Flugs überreicht er uns seine Telefonnummer. 

Weihnachtsfeier vom deutschen Konsulat und dem deutschen Klub Veracruz

Das war vor einer Woche. Inzwischen befinden wir uns im salòn de usos multiples des Residencial San Marino mitten in Veracruz. Wir sind Deutsche und pünktlich. Die Veranstaltung startet um 17:00 Uhr, aber es wird noch aufgebaut. Eine Handvoll Menschen tragen Speisen in die Küche, ein blinkender Weihnachtsbaum wird verkabelt und ein junger Pfarrer bereitet den Altar vor. Davor stehen bereits etwa 30 Stühle. Das wird familiär. Ich atme auf. Verstohlen blicke ich mich um. Berni trägt eine Jeans und ein Hemd von Jack Wolfskin. Ich habe mir für dieses Event ein schwarzes Kleid und Schuhe gekauft. Denn unsere Reisekleidung sieht solche Veranstaltungen nicht vor. Inzwischen trudeln immer mehr Menschen ein. Sie sind unterschiedlich gekleidet. Von leger bis festlich ist alles dabei. Die meisten kennen sich. Es wird sich gegenseitig umarmt und die neuesten News auf spanisch ausgetauscht. 

Deutsche Weihnachtslieder

Kurz vor sechs Uhr ergreift der Pfarrer das Wort. Wir sollten die deutschen Lieder noch einmal üben. Er verteilt die Liederhefte. Ich traue meinen Augen kaum, da steht auf deutsch: Macht hoch die Tür (…), Vom Himmel hoch, da komm ich her (…), Stille Nacht heilige Nacht (…) und viele mehr. Na dann mal los. Noch nie habe ich so innig deutsche Weihnachtslieder gesungen. Selbst Berni brummt neben mir!

Ein Pfarrer aus Berlin

Der Pfarrer spricht akzentfrei deutsch. Er übersetzt wichtige Passagen seiner Predigt für uns. Das ist nett. Nach der Messe suchen wir sofort Kontakt zu ihm. Er kommt aus Berlin und arbeitet seit 5 Jahren im Dienst der deutschen Kirche in Mexiko City. Von dort betreut er die deutschen Gläubigen im größeren Umfeld um die Hauptstadt. Er führt uns zu einem Tisch.

Claudia

Dort sitzen bereits Claudia, ihre Tochter mit Mann und Enkelsohn. Claudia hat vor 35 Jahren ihren Mann in Berlin kennengelernt. Seitdem lebt sie in Mexiko. Als ihr Mann früh verstarb, entschied sie sich in Mexiko zu bleiben. Trotz ihrer drei kleinen Kinder. Ihr Mann hinterlies ihr eine Avokadofarm, die sie allein managte. Sie hat es nie bereut. Auch, wenn ihr das Schicksal oft übel mitspielte. Gebannt hören wir ihr zu. Im Hintergrund wird derweil das Büffet aufgebaut. Ihre Geschichten sind so spannend, dass wir kaum zum Essen kommen.

José

Aber auch andere Mietglieder des deutschen Klubs von Veracruz interessieren sich für uns. Der Bruder des Konsuls erzählt uns in englisch, dass er exakt dieselbe USA & Kanada Tour wie wir vor vielen Jahren unternommen hatte.  Ebenfalls in einem kleinen VW Bus. Sie lebten zu fünft auf vier Quadratmeter. Der Bus hatte ein Hubdach, die Rückbänke konnten umgeklappt werden und über die Vordersitze legten sie ein Brett, auf dem noch eine Person schlafen konnte. Er träumt davon die Tour zu wiederholen. Irgendwann.

Klaus

Klaus Mehltreter, der Leiter des Instituto de écologie in Xalapa berichtet, dass er gerade von Deutschland kommt. Genau gesagt Ulm. Er nahm ein Sabbatjahr um an einem Projekt der Universität Ulm mitzuarbeiten. Mit an Bord waren seine Frau und sein Sohn. Letzterer bewarb sich in Deutschland um einen Studienplatz. Sie landeten mitten in der Corona Pandemie. Er kann den direkten Vergleich ziehen: In Mexiko werde seiner Meinung nach zu wenig gemacht, aber die Deutschen seien 150 prozentig. Das sei dann doch ziemlich belastend.

Erika

Um neun Uhr löst sich die Veranstaltung auf, bis auf einen kleinen Rest rund um uns. Die ehemalige Leiterin des Konsulats Erika lädt daraufhin alle in ihre private Wohnung ein. Sie wohnt im selben Gebäudekomplex im 10. Stockwerk. Es sind zwei Zwillingshochhäuser mit riesigen Glasfronten. Der Wind tobt an den Fenstern. Unter uns sehen wir die Lichter der Stadt Veracruz. Derweil trinken wir gemütlich einem Tequila und philosophieren über das Leben, den Sinn und … Corona. Erika erzählt, ihr Vater habe immer gesagt: Es gibt für jeden einen Strich. Bis dahin geht das Leben. Da kann man machen was man will. Ist der Strich nicht erreicht, geht das Leben weiter. Auch wenn du mit 94 Jahren Corona bekommst, wirst du nicht sterben, wenn dein Strich nicht erreicht ist.