Es ist mitten in der Nacht. Berni und ich stehen mit dem Postbus „frei“ an einem Strand auf der Halbinsel El Jobo, das heißt ohne Campingplatz. Das kommt unserem Geldbeutel zugute, aber nicht unserem Schlaf.
Eben habe ich ein Geräusch gehört. Es klang, wie wenn jemand in der großen Metalltonne neben unserem Postbus wühlt und gelegentlich gegen das Metall stößt. Ich denke an die mittellosen Menschen, die die Bierdosen aus dem Müll ziehen. Und ich denke an den Mord an einem Camper letztes Jahr in Costa Rica. Die Heckklappe ist nur angelehnt, weil es so warm ist. Eben fühlte ich mich noch sicher.
Eine nicht endende Regenzeit
Seit wir Honduras betraten, werden wir gezwungen, unsere Route nach dem Wetter auszurichten. So war es in Honduras, Nicaragua und so ist es nun auch in Costa Rica. Deutsche Reisende, die wir in der Finca Cañas Castillas trafen, berichteten, dass ihr dreiwöchiger Costa Rica-Aufenthalt quasi im Wasser versank. So viel Regen im Dezember hatte es hierzulande seit Jahren nicht gegeben! Ein Blick in die Windy App bestätigt ihre Aussagen: In den Höhen regnet es immer noch! Wir wechseln also schon wieder unsere nächsten Ziele: Statt Regenwald und Wildlife wenden wir uns der Pazifikküste zu. Die besondere Thermik am Meer sorgt für ein Aufreißen der Wolken. Zwischen der Bahia de Salinas und dem Golf von Santa Elena liegt eine Minihalbinsel, deren Namen ich auf keiner Karte finden kann. Ich nenne sie entsprechend ihrem Hauptort El Jobo: Die Halbinsel El Jobo. Sie wartet mit etlichen Stränden auf.
Puerto Soley
Wir stürzen uns auf den erstbesten, den Puerto Soley. Und sind überrascht: Unter schattigen Bäumen sind großzügige Parkplätze mit Picknicktischen angelegt. Alle in erster Reihe mit Meerblick. Der Platz ist sauber, dafür sorgen große Metalltonnen fast an jeder Parkbucht. Es ist der 04.01. und die Costa Ricaner haben vermutlich Ferien. Denn der Strand ist gut besucht. Eine Polizeistation gibt es ebenfalls, die das wilde Campen duldet. Wir ergattern ein hübsches Plätzchen und bleiben an diesem wunderschönen Beach über Nacht. Und siehe da: Am Morgen sind wir fast allein!
Playa Rojada
Von Insidern erfahren wir, dass der Playa Rojada der schönste Strand der Halbinsel El Jobo sein soll. Und tatsächlich! Es ist ein Beach wie aus dem Bilderbuch. Und auch hier gibt es schattige Parkplätze mit Picknicktischen und ausreichend vielen „geleerten“ Mülleimern. Ob das in Costa Rica immer so ist? Das Land gilt als die „Schweiz“ von Zentralamerika.
Berni und ich beobachten einige White-Throated magpie-jay, die sich wie diebische Elstern über den Inhalt der Picknickkörbe hermachen, derweil die Besitzer im Meer baden! Es schmeckt ihnen außerordentlich gut! Wir informieren die Eigentümer, die lachend die Reste ihrer mitgebrachten Leckereien sichern! Der Strand hat eine schöne Atmosphäre.
Sonnenuntergänge in Costa Rica
Die Costa Ricaner scheinen eine Vorliebe für Sonnenuntergänge zu haben. Am Spätnachmittag wird es richtig voll am Strand: Man erwartet stilvoll den Sonnenuntergang! Wir fühlen uns wohl und bleiben ebenfalls über Nacht.
Playa Las Pilas
Unsere iOverlander App verrät uns, dass wir an dem Playa Las Pilas schnorcheln und paddeln können. Er liegt auf der windangewandten Seite der Halbinsel El Jobo, sodass die Wellen nicht so hoch sind. Auch an diesem Strand gibt es die bekannten Annehmlichkeiten.
Allerdings zeichnet er sich durch ein Ufer mit Kies und Klippen aus. Daher bietet er den Fischen Wohnraum. Heute ist es nicht ganz so warm, sodass wir auf das Schnorcheln verzichten. Wir umpaddeln stattdessen die kleine Insel Isla Dispensa vor der Küste.
Inzwischen sind wir im „frei“ stehen am Strand geübt. Die Wellen donnern krachend an das Ufer. Das übertönt jedes Geräusch. Oder etwa nicht? Nein. Dieser metallische Klang ist immer noch da!
Was will man mehr?
Ich für meinen Teil hätte jetzt gerne die Polizeistation vom Puerto Soley. „Berni…“, ich stupse ihn an und flüstere, „da ist jemand!!!“. Berni reißt desorientiert die Augen auf. Es dauert einen Moment, bis er aus dem Traumland erwacht, da hört er das Geräusch ebenfalls. Mein Mann schnellt auf und greift nach der Taschenlampe: „Ich schaue nach!“. Tausend Gedanken schießen durch meinen Kopf. Ist das klug? Ist eine Konfrontation wirklich die beste Lösung? Oder lieber sich „tot“ stellen? Da höre ich ihn bereits lachen: „Waschbären! Eine ganze Familie. Mindestens fünf bis sieben Stück! Sie untersuchen den Müll in der Tonne.“. Jede Menge Augen leuchten im Kegel der Taschenlampe, bevor sie panikartig die Flucht ergreifen.
Berni stellt den Mülleimer in sichere Entfernung zum Postbus. Nicht, dass die nachtaktiven Tiere auf den Gedanken kommen, auch noch unseren Bus zu untersuchen!